Studien

4-Tage-Woche-Studie von forsa

Verkürzte Arbeitswoche für Mehrheit noch ein Wunschtraum 

Viele deutsche Arbeitnehmer:innen finden das Modell attraktiv, doch nur wenige glauben an eine baldige Umsetzung der 4-Tage-Woche. Das ergab eine neue forsa-Studie von XING. Wir werfen einen Blick darauf, welche Chancen und Herausforderungen die verkürzte Arbeitswoche für Arbeitgeber:innen mit sich bringt.

Die Diskussion um die Einführung der 4-Tage-Woche polarisiert weiterhin die Wirtschaftswelt. Befürworter:innen argumentieren, dass eine verkürzte Arbeitswoche nicht nur die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen erheblich verbessern, sondern auch die allgemeine Produktivität steigern kann. Auf der anderen Seite warnen Kritiker:innen vor möglichen Leistungsverlusten und befürchten, dass die Arbeitslast nicht in der verkürzten Zeit bewältigt werden kann, was letztlich zu einer Erhöhung der Betriebskosten führen könnte.  

Doch wie sieht die 4-Tage-Woche eigentlich in der konkreten Praxis aus? Worauf müssen Arbeitgeber:innen achten? Antworten darauf sowie Vor- und Nachteile des Arbeitszeitmodells und die Ergebnisse einer neuen 4-Tage-Woche-Studie von forsa im Auftrag von XING lesen Sie nachfolgend.  

Wie soll die 4-Tage-Woche funktionieren? 

Bei der 4-Tage-Woche wird die reguläre Wochenarbeitszeit auf vier statt fünf Tage verteilt. Dabei gibt es fünf unterschiedliche Modelle, um die 4-Tage-Woche umzusetzen:  

  1. 100-80-100-Modell: Beim sogenannten 100-80-100-Prinzip, welches 2018 vom Unternehmen Perpetual Guardian eingeführt wurde, erhalten Mitarbeitende 100 Prozent Lohn für 80 Prozent der Arbeitszeit bei 100 Prozent erreichten Produktivitätszielen. Die Arbeitszeit kann fix oder flexibel sein. 
  2. Belgisches Modell: Mitarbeiter:innen arbeiten weiterhin die gleiche Anzahl Stunden pro Woche, aber auf vier statt fünf Tage verteilt, wie in Belgien gesetzlich vorgeschrieben. 
  3. Wahlarbeitszeit-Modell bei vollem Lohnausgleich: Mitarbeiter:innen können ihre Wochenarbeitszeit reduzieren oder verlängern, während das Gehalt einer Vollzeitstelle entspricht.
  4. Wahlarbeitszeit-Modell bei angepasstem Lohn: Mitarbeiter:innen haben einen begrenzten Rahmen, um ihre Arbeitszeit zu ändern, und erhalten entsprechend weniger Gehalt bei Arbeitszeitverkürzung. 
  5. Teilzeitarbeitsmodell bei angepasstem Lohn: Unternehmen bieten eine 4-Tage-Woche als Teilzeitoption an, wobei das Gehalt entsprechend an die reduzierten Stunden angepasst wird. 

Welche Länder haben die 4-Tage-Woche eingeführt? 

  • Island: Der Inselstaat testete über mehrere Jahre ein verkürztes Arbeitszeitmodell. 2021 wurde offiziell das Recht auf eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn eingeführt. 
  • Belgien: Seit 2022 können Arbeitnehmer:innen ihre Woche auf vier Arbeitstage verkürzen. Obwohl die 38 Wochenstunden unverändert bleiben, können Belgier:innen nun zwischen vier Arbeitstagen à 9,5 Stunden oder fünf Arbeitstagen à 8 Stunden wählen. 
  • Spanien: Zwei Jahre lang testet das Königreich die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten können dabei am staatlich finanzierten Projekt teilnehmen, das im Dezember 2023 gestartet wurde. Teilnehmende Firmen müssen die Arbeitszeit um mindestens zehn Prozent reduzieren und mindestens 25 Prozent ihrer Belegschaft einbeziehen. 

Wann kommt die 4-Tage-Woche in Deutschland? 

Eine bundesweite gesetzliche Einführung der 4-Tage-Woche ist derzeit nicht geplant. In Deutschland werden ab dem 1. Februar jedoch 45 Unternehmen aus verschiedenen Branchen sechs Monate lang die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von fünf auf vier Tage reduzieren. Die Universität Münster wird die Ergebnisse wissenschaftlich auswerten. Das Projekt wird von der Initiative „4 Day Week Global“ begleitet und von Vertretern der IG Metall, des Arbeitgeberverbands BDA und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks unterstützt. Die Ergebnisse der 4-Tage-Woche-Studie werden sicherlich auch einen Einfluss darauf haben, ob deutsche Unternehmen das Zeitmodell implementieren werden oder nicht.  

Die 4-Tage-Woche ist ein Arbeitsmodell, das zunehmend an Beliebtheit gewinnt und von verschiedenen Unternehmen in Deutschland umgesetzt wird.  

  • BRAINEFFECT hat das Modell über die Sommermonate eingeführt, um Erschöpfung in der Belegschaft nach dem Lockdown zu vermeiden.  
  • Frische Fische bietet die 4-Tage-Woche als Option an, neben dem klassischen 5-Tage-Modell.  
  • msg DAVID GmbH haben den Beschäftigten die Freiheit gegeben, ihre Arbeitszeit selbst zu bestimmen.  
  • knowhere hat sich entschieden, die Arbeitszeit um acht Stunden zu reduzieren, ohne eine Umverteilung der Stunden auf die verbleibenden Arbeitstage und bei gleichbleibendem Gehalt. Als freier Tag wurde der Freitag festgelegt.  
  • Media Broadcast hat die Arbeitszeit um sechs Stunden pro Woche reduziert, wobei das Gehalt um 7 bis 10 Prozent sank. Wie das verkürzte Arbeitsmodell in der Belegschaft aufgenommen wurde, erzählt Fabris Raccardi, IT-Manager bei Media Broadcast, im kununu Podcast „The Fit“. 

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Weitere Informationen

4-Tage-Woche: Vor- und Nachteile 

Auch wenn die 4-Tage-Woche in Deutschland und in vielen anderen Ländern noch nicht gesetzlich verankert ist, wagen immer mehr Unternehmen und Länder das Experiment. Mit Hilfe weltweit durchgeführter Pilotprojekte, können bereits heute eindeutige Vor- und Nachteile der 4-Tage-Woche identifiziert werden.  

Vorteile der 4-Tage-Woche für Arbeitgeber:innen 

  • Höhere Produktivität: Untersuchungen zeigen, dass kürzere Arbeitswochen mit einer Produktivitätssteigerung einhergehen. Dies wird bereits durch praktische Beispiele belegt: Während eines Testmonats führte Microsoft Japan bereits 2019 die 4-Tage-Woche ein. Das Ergebnis war beeindruckend: Die Leistung pro Mitarbeiter:in stieg im Versuchszeitraum um fast 40 Prozent, wie das Unternehmen auf seiner Webseite bekannt gab. 
  • Gesteigerte Gesundheit: Ein Tag mehr zur Erholung wirkt sich enorm positiv auf die körperliche und geistige Gesundheit der Mitarbeiter:innen aus. Daraus ergeben sich wiederum weniger Krankentage – wovon das Unternehmen profitiert. Eine großangelegte Umfrage im Vereinigten Königreich im Jahr 2022 ergab, dass 39 Prozent der Mitarbeiter:innen in einer 4-Tage-Woche weniger Stress verspürten und 71 Prozent sogar weniger anfällig für einen Burnout waren. Auch Angstzustände, Müdigkeit und Schlafprobleme gingen zurück. 
  • Attraktive Arbeitgebermarke: Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung wünschen sich 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen eine Vier-Tage-Woche mit reduzierter Wochenarbeitszeit. Insbesondere die Gen Z sieht dieses Arbeitszeitmodell als modern und innovativ an. Sollten Sie sich also für eine Einführung der 4-Tage-Woche entscheiden, präsentieren Sie diese als Teil Ihrer besonderen Unternehmenskultur auf Ihrem kununu Employer Branding Profil. So adressieren Sie junge Talente, für die die Work-Life-Balance ein entscheidendes Bewerbungskriterium ist.  

Nachteile der 4-Tage-Woche für Arbeitgeber:innen 

  • Erhöhte Personalkosten: In einigen Branchen, insbesondere in denen mit starken Kund:innen- und Serviceorientierung, kann bei einer 4-Tage-Woche die Einstellung neuer Mitarbeiter:innen nötig werden. Anders lässt sich das Arbeitspensum bei gleichzeitiger Erreichbarkeitspflicht in einer verkürzten Woche oftmals nicht erfüllen. Das bedeutet automatisch höhere Ausgaben für die Arbeitgeber:innen.   
  • Erschwerte Organisation: Sind die Mitarbeiter:innen seltener im Büro oder im Homeoffice, verkleinert sich auch das Fenster für teaminterne Besprechungen. Dies kann zu einer gesteigerten Komplexität bei der Koordination von Arbeitsabläufen führen und zusätzliche Anstrengungen erfordern, um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder gut informiert und koordiniert sind.  
  • Unzufriedenheit durch Ungleichheit: Die Einführung einer 4-Tage-Woche ist nicht in allen Branchen gleich realistisch. In vielen Betrieben gibt es sogar entsprechende Unterschiede zwischen den Abteilungen. Während die Umsetzung im Büro eher möglich ist, sieht es in der Produktion anders aus. Diese Ungleichheit ist ein potenzieller Nährboden für Unzufriedenheit und ein beeinträchtigtes Betriebsklima. 

4-Tage-Woche-Studie: Große Skepsis gegenüber Umsetzbarkeit 

Das Meinungsforschungsinstitut forsa hat im Auftrag von XING kürzlich die Ergebnisse seiner Studie zur Wechselbereitschaft im Job veröffentlicht. Im Zuge derer wurde auch die Stimmungslage zur 4-Tage-Woche abgefragt. Das Resultat: Zwar sagen 42 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen, dass eine 4-Tage-Woche bei gleicher Wochenarbeitszeit einen Job für sie attraktiver macht, jedoch hält die Mehrheit (66 Prozent) die Einführung aktuell für nicht möglich. Die fünf häufigsten Bedenken zur 4-Tage-Woche: 

  • Zu wenig Arbeitskräfte verfügbar (65 Prozent) 
  • Für Arbeitgeber:innen nicht finanzierbar (52 Prozent) 
  • Erhöhte Arbeitsbelastung an den verbliebenen Tagen (49 Prozent) 
  • Aufgrund der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht umsetzbar (44 Prozent) 
  • Drohender Produktivitätsverlust (37 Prozent) 

„Wir brauchen einen realistischen Blick auf die wirtschaftliche Lage, die Situation am Arbeitsmarkt und den oft begrenzten Handlungsspielraum, der sich daraus für Unternehmen ergibt. Arbeits- und Fachkräftemangel sind der neue Alltag in Deutschland“, sagt Thomas Kindler, Managing Director bei XING. „Deutsche Beschäftigte sind sich dieser Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit und den daraus resultierenden Schwierigkeiten zum großen Teil bewusst.“ 

Was ist arbeitsrechtlich bei der 4-Tage-Woche zu beachten?

Bei der Einführung einer 4-Tage-Woche ist arbeitsrechtlich vor allem zu prüfen, ob die vereinbarte Arbeitszeit im Arbeitsvertrag der Mitarbeiter:innen angepasst werden muss. In der Regel dürfte gegen eine Arbeitszeitreduktion nach dem 100-80-100-Prinzip wenig Widerspruch vonseiten der Belegschaft bestehen.  

Schwieriger wird es bei Modellen, die die Arbeitszeit auf vier Tage konzentrieren, ohne sie zu reduzieren, da hierdurch gegen Regelungen wie Höchstarbeitszeiten sowie Pausen- und Ruhezeiten verstoßen werden könnte. Zudem ist zu beachten, dass der Betriebsrat ein Mitspracherecht hat und sich Änderungen beim Urlaubsanspruch ergeben können. 

Wie viele Urlaubstage bei einer 4-Tage-Woche?  

Als Berechnungsgrundlage für den Urlaubsanspruch gelten in Deutschland die Arbeitstage pro Woche. Der gesetzliche Mindestanspruch beläuft sich auf vier Wochen. Wer seine Arbeitszeit auf eine 4-Tage-Woche aufteilt, hat somit Anspruch auf 16 Urlaubstage. Der Urlaubsanspruch in einer 4-Tage-Woche bei 30 Urlaubstagen in Vollzeit wird wie folgt berechnet:  
30 Urlaubstage / 5-Tages-Woche * 4 Arbeitstage = 24 Urlaubstage 

Wie wirkt sich die 4-Tage-Woche auf die Rente aus? 

Die Rentenpunkte berechnen sich in Deutschland bekanntlich auf Basis des Durchschnittseinkommens. Ein Umstieg auf die 4-Tage-Woche beeinflusst also nur dann die Höhe der Rente, wenn gleichzeitig auch die Bezahlung sinkt. Bieten Arbeitgeber:innen eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, ändert sich nichts an der Rentenhöhe. 

Fazit: Gut geplant ist die 4-Tage-Woche ein Erfolgsgarant 

Auf der positiven Seite der 4-Tage-Woche steht das Potenzial für eine verbesserte Lebensqualität der Angestellten, da ihnen mehr Zeit zur persönlichen Entfaltung und zur Familie bleibt. Unternehmen können von motivierteren, weniger ausgebrannten Mitarbeiter:innen profitieren, was sich wiederum positiv auf die Arbeitsleistung und Kreativität auswirken kann. Die Reduzierung der Betriebszeiten kann zudem zu geringeren Betriebskosten und einer besseren ökologischen Bilanz führen.  

Dennoch sind die Herausforderungen nicht zu unterschätzen. Eine umfassende Anpassung von Geschäftsmodellen, Arbeitsverträgen und -abläufen ist unerlässlich, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen. Bei unzureichender Planung kann ein konzentrierter Arbeitstag den Druck auf die Mitarbeiter:innen um ein Vielfaches erhöhen und wichtige Aufgaben müssen liegenbleiben oder verschoben werden. Des Weiteren ist die Frage der Entlohnung ein kritischer Diskussionspunkt – eine einfache Reduzierung des Gehalts proportional zu den Arbeitsstunden könnte für viele Angestellte nicht tragbar sein. Somit ist die Umsetzung einer 4-Tage-Woche eine komplexe Angelegenheit, die durchdachte Strategien und flexible Lösungsansätze erfordert, um sowohl für Arbeitgeber:innen als auch für Arbeitnehmer:innen von Vorteil zu sein. Wie zahlreiche Studien und Unternehmen jedoch in der Praxis zeigen: Die 4-Tage-Woche muss kein Traumschloss bleiben und kann das Employer Branding signifikant stärken.

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