Konflikte sind unvermeidbar. Auch in einem Unternehmen kommt es immer wieder zu zwischenmenschlichen Spannungen in der Belegschaft. Um drohende Eskalationen zu verhindern, braucht es die richtigen Konfliktmanagement-Methoden.
In solchen Fällen sind vor allem Sie als Arbeitgeber:in oder Führungskraft gefragt. Denn: Niemand möchte offen ausgetragene Konflikte zwischen Mitarbeiter:innen. Das schlägt auf die Stimmung, belastet das Arbeitsklima und wirkt sich auch wirtschaftlich aus. Laut einer Studie des Hernstein-Instituts kann eine Stunde Streit eine bis zu vierstellige Summe kosten. Doch wie lassen sich drohende Konflikte entschärfen? Wir zeigen Ihnen, wo Spannungsfelder entstehen können und welche Konfliktmanagement-Methoden sich bewährt haben.
Innerbetriebliche Konflikte schaden Ihrem Unternehmen
Denken Sie an Tarifstreitigkeiten Unternehmen wie der Deutschen Bahn, Krach auf großer Ebene wie zwischen OpenAI-Gründer Sam Altman und Tesla-Chef Elon Musk oder den großen innerbetrieblichen Konflikt zwischen den Brüdern Rudolf und Adidas Dassler, der mit Puma und adidas zwei der heute weltgrößten Sportartikelhersteller hervorgebracht hat – anstatt einer gemeinsamen Firma.
Das letzte Beispiel ist aber sicherlich eher die Ausnahme als die Regel. Innerbetriebliche Konflikte führen im Normalfall eher zu negativen als positiven Folgen. Nicht bewältigte Probleme im Arbeitsalltag binden Energien und Leistungskraft und gehen so der Arbeit verloren. Fressen Ihre Mitarbeiter:innen, Führungskräfte und Kolleg:innen ihren Frust in sich hinein, arbeiten sie nur mit halber Kraft, sind oft unkonzentriert und werden immer unmotivierter.
Die Folgen der steigenden Frustration sind gravierend:
- häufiger Krankenstand
- hohe Kündigungsrate
- innerer Rückzug (auch Quiet Quitting genannt)
Innerbetriebliche Konflikte sind zudem oft Gründe für eine hohe Wechselwilligkeit und damit steigende Fluktuation.
In der Definition rund um Konfliktmanagement ist allerdings wichtig: Es dient nicht nur dazu, negative betriebliche Folgen zu verhindern – gut gelöste Konflikte bieten Ihnen gleichzeitig die Chance, Potenziale zu erkennen und kreativer zu werden.
Definition: Was bedeutet Konfliktmanagement im Unternehmen?
Konfliktmanagement im Unternehmen umfasst alle Maßnahmen, mit denen Sie schon bestehende Konflikte konstruktiv lösen. Die Auseinandersetzung mit dem Konflikt und seinen Ursachen hat das Ziel, eine Eskalation oder Verlagerung der Auseinandersetzung auf andere (nicht beteiligte) Mitarbeiter:innen zu verhindern – das würde ansonsten hohe Kosten verursachen, laut bereits erwähnter Studie in Betrieben bis zu 100 Angestellten zwischen 100.000 und 500.000 Euro jährlich.
Darum ist Konfliktmanagement im Unternehmen so wichtig
Die möglichen Folgen ungelöster innerbetrieblicher Konflikte sind vielfältig – daher ist es so wichtig, dass Sie den Konflikt vorbeugen und im Konfliktmanagement den Weg der Deeskalation suchen.
Ansonsten kommt es unter anderem zu:
- verbaler Gewalt
- Mobbing
- Innerem Rückzug
- Gerüchte-Bildung
- vorzeitiger Beendigung eines wichtigen Projekts
Bei Konfliktmanagement-Methoden sind Führungskräfte gefragt
Die Eskalation der Auseinandersetzung verläuft in mehreren Stufen. Wird das Problem nicht durch sachliche Gespräche von Führungskräften, die in diesem Zusammenhang als Mediator:innen und Konfliktlöser:innen gefragt sind, mit den beteiligten Parteien konstruktiv gelöst, wird die Kommunikation zunehmend schwieriger.
Die Streitparteien ziehen sich zurück. Die zu einer Lösung bereite Partei redet hinter dem Rücken der anderen. Der Konflikt eskaliert: Die Beteiligten schädigen einander, indem sie aggressiv sind, Gerüchte in die Welt setzen oder die Arbeitsleistung des oder der anderen schlecht machen. Kommt es so weit, sind oft auch Sie als Unternehmer:in oder Führungskraft mit dem berühmten Latein am Ende – auf dieser Stufe des Konflikts ist dann die Hilfe von außenstehenden Personen notwendig.
Nicht jeder Typ verhält sich bei Konflikten gleich
Um ein erfolgreiches Konfliktmanagement durchführen zu können, müssen Sie den Konflikt erkennen und genau definieren. Da jeder Mensch seine eigenen Bewältigungsstrategien hat, sollten Sie oder auch extern eingesetzte Schlichter:innen imstande sein, festzustellen, nach welchen Verhaltensmustern die am Konflikt beteiligten Personen handeln:
- Nähe-Typen lieben Teamwork, benötigen viel Wertschätzung durch andere und sind emphatisch und ausgesprochen kommunikativ.
- Distanz-Typen grenzen sich gern von Mitarbeiter:innen und Vorgesetzten ab, mögen eigenständiges Arbeiten und ihre Freiheit. Sie bevorzugen Kommunikation über Sachthemen und bekleidet oft Führungspositionen.
- Wechsel-Typen arbeiten gern kreativ und lieben Innovationen. Starre Strukturen sind ihnen ein Gräuel. Im Team fallen sie durch unkonventionelle Lösungen und Spontanität auf.
- Dauer-Typen sind ordnungsliebend und mögen eindeutige Hierarchien. Sie sind gut organisiert, planen mit Vorsicht und bevorzugen Sachlichkeit. Da sie gern Verantwortung übernehmen, findet man sie häufig in Führungspositionen.
Da jedes Teammitglied Elemente mehrerer dieser Typen in seiner Persönlichkeit vereint, ist es für die schlichtende oder beratende Person wichtig, zu erkennen, welche im Team jeweils vorherrschen und durch verschiedene Konfliktmanagement-Methoden eine Annäherung der unterschiedlichen Positionen zu erzielen.
Konfliktmanagement: 5 Übungen für Ihren Unternehmensalltag
Wenn das Kind in den Brunnen zu fallen droht, ist schnelles Handeln gefragt. Dabei können Sie auf viele verschiedene Konfliktmanagement-Methoden zurückgreifen – und diese entweder selbst anwenden oder sich externe Unterstützung holen. Wir stellen Ihnen fünf beliebte und in vielen Situationen funktionierende Methoden, Übungen und Ansätze vor.
1. Konflikt- und Klärungsgespräche
Klärungsgespräche und Konfliktgespräche sind die erste und direkteste Methode im Konfliktmanagement, die Sie bei kleineren Streitigkeiten oder Missverständnissen anwenden können.
Die beiden Konfliktparteien treffen sich mit einer unbeteiligten Person, meist einer Führungskraft. Die vermittelnde Person muss von den Konfliktparteien als neutrale Instanz angesehen werden und darf weder bewusst noch unbewusst für eine Partei Stellung nehmen. Bei der Schilderung des Konflikts fassen sich die Beteiligten kurz und beschreiben das Problem auf sachliche Weise. Alle hören einander zu und dürfen sich gegenseitig nicht unterbrechen. Die „moderierende“ Person leitet das Klärungsgespräch und achtet auf die Einhaltung dieser Grundregeln. Sie stellt Rückfragen und arbeitet so Details des Konflikts und persönliche Sichtweisen heraus. Außerdem verhindern die Rückfragen falsche Schlussfolgerungen.
Sie fasst die gemachten Aussagen zusammen und spiegelt Gesagtes, um zugrunde liegende Probleme und Widersprüche herauszuarbeiten.
Wichtig bei dieser Methode: Am Ende des Gesprächs braucht es klare Absprachen – ansonsten schwelt der Konflikt weiter.
2. Metapher-Arbeit
Ein probates Mittel, Konflikten ihre emotionale Brisanz zu nehmen, ist ihre Darstellung mithilfe von Metaphern. Das sind zum Beispiel:
- Worte
- bildliche Darstellungen
- Analogien
- kurze Geschichten
Indem Sie Metaphern verwenden, erleichtern Sie die Kommunikation über das dem Konflikt zugrunde liegende Problem, da die Vergleiche lediglich Stellvertreter-Funktion haben. Sie sind grobe Vereinfachungen und führen daher schnell zum Kern des Konflikts – zudem haben sie langanhaltende Wirkung, da sie auch das Unterbewusstsein ansprechen.
3. Mediation
Die Mediation ist das wohl bekannteste Mittel im Konfliktmanagement. Das kann durch speziell geschulte eigene Führungskräfte innerhalb des Betriebes geschehen oder von externen Mediator:innen übernommen werden – Großunternehmen haben oft sogar eigene Schlichtungsstellen.
Bei geringfügigen Sachproblemen zwischen zwei Mitarbeiter:innen reicht es meist schon aus, dass Sie sich den Konflikt von beiden Parteien unter vier Augen schildern lassen und dann mit viel Fingerspitzengefühl und ohne erhobenen Zeigefinger zwischen ihnen vermitteln.
Die Mediation sollte dabei so sachlich wie möglich bleiben, sodass sich die aufgeregten Teammitglieder schneller beruhigen und an konstruktiven Lösungen arbeiten. Ein umfangreicheres Konfliktmanagement ist erst dann notwendig, wenn die Zusammenarbeit im Team dauerhaft gefährdet ist. Dann lohnt sich auch der Einsatz externer Mediation, möglicherweise sogar einer Supervision – hierbei geben die den Konflikt lösenden Personen konkrete Ratschläge und Handlungsansätze mit, bei der Mediation wiederum ist die Vorgehensweise etwas passiver.
4. Harvard-Methode
Die Harvard-Methode ist eine konkrete und auf einem Grundmodell basierende, strukturierte Vorgehensweise zur Konfliktlösung, die auf Verhandlungen mit Win-Win-Ansatz abzielt. Mit dieser rücken Sie die Interessen der Beteiligten in den Fokus und setzen auf eine sehr sachliche Argumentation.
Dabei gelten folgende Grundprinzipien:
- Trennung von Mensch und Problem: Persönliche Konflikte werden ausgeklammert, der Fokus liegt auf der Sachebene.
- Interessen statt Positionen: Die Frage „Warum möchtest du das?“ hilft, Hintergründe zu verstehen und gemeinsame Ziele zu erkennen.
- Lösungsoptionen entwickeln: Beide Seiten arbeiten kreativ an mehreren Ansätzen, die für beide akzeptabel sind.
- Objektive Kriterien nutzen: Entscheidungen basieren auf neutralen Standards wie Zahlen, Fakten oder bestehenden Regelwerken – wenn das möglich ist.
In der Praxis kommt die Harvard-Methode vor allem dann zum Einsatz, wenn Konflikte schon länger schwelen oder komplex sind. Denn: Sie schafft nicht nur kurzfristige Lösungen, sondern stärkt idealerweise auch die Beziehung der betroffenen Mitarbeiter:innen.
5. Probleme aufschreiben, Rollenspiele und Kosten-Nutzen-Analyse
Um die Sichtweise der Gegenseite besser zu verstehen, helfen sehr plakative Übungen im Konfliktmanagement. Lassen Sie beide Parteien alle Themen auflisten, die ihrer Meinung nach im Konflikt eine Rolle spielen, und alle, die die andere Partei möglicherweise anführt. Danach ordnet jede Partei die Themen nach ihrer Wichtigkeit.
Das Vorlesen der Liste zeigt, was wem am wichtigsten ist und wie die andere in den Konflikt involvierte Partei eingeschätzt wird. Außerdem helfen Rollenspiele, Positionen zu verdeutlichen, die Kommunikation zu klären und so das Konfliktmanagement zu erleichtern.
Die Bereitschaft, eine Lösung zu finden, erhöhen Sie, indem Sie eine Kosten-Nutzen-Analyse machen lassen: Jede:r Beteiligte schreibt auf, was ihm oder ihr das Problem bisher eingebracht hat – das können etwa negative Gefühle, Stress, Krankheitsgefühle, Arbeitsausfall oder Termindruck sein.
Im schlimmsten Fall hilft nur die Trennung
Manche langanhaltenden persönlichen Konflikte lassen sich leider weder mit der einen, noch der anderen oder drei Methoden in Kombination lösen. Hier und da löst sich ein Konflikt mit etwas Distanz und Zeit auch von allein – was aber, wenn nicht?
Dann wird es knifflig. Ist beispielsweise das Team auf beide Arbeitskräfte dringend angewiesen, ist eine vermittelnde Person in der Pflicht, Regeln festzulegen, die für beide Konfliktparteien bindend sind. Kann das Konfliktmanagement dann immer noch nicht zufriedenstellend beendet werden, hilft nur noch die Trennung der Konfliktparteien.
Konfliktmanagement: Weiterbildung, Übungen und Seminare
Solche Situationen zu moderieren, kann sehr schwierig werden. Hier ist es hilfreich, ausgebildete oder zumindest geschulte Personen im Betrieb zu haben, die ganz genau wissen, was sie tun.
Überlegen Sie daher, bestimmte Mitarbeiter:innen oder Führungskräfte zu Konfliktmanagement-Schulungen und -Seminaren anzumelden – diese bieten in jedem Fall eine wertvolle Unterstützung, um Konfliktmanagement von Grund auf auch theoretisch zu erlernen. Sie vermitteln praxisnahe Techniken wie etwa die Harvard-Methode oder andere Deeskalationsstrategien und stärken die Kommunikationskompetenzen der lernenden Führungskräfte und Angestellten.
Fazit: Lösen Sie Konflikte, bevor es zu spät ist
Konflikte sind menschlich – und werden auch in Ihrem Unternehmen nicht ausbleiben. Was aber vermeidbar ist, ist die oft folgende Eskalation. Die besten und nachhaltigsten Lösungen entstehen immer dann, wenn Sie frühzeitig eingreifen und auf bewährte Methoden setzen.
Ob durch Mediation, Klärungsgespräche oder strukturierte Ansätze wie die Harvard-Methode – nicht die exakte Methodik ist entscheidend, sondern dass Sie sich so früh wie möglich aktiv einschalten. Eine aktive Konfliktkultur im Betrieb stärkt nicht nur die Zusammenarbeit, sondern trägt auch – Erfolge vorausgesetzt – zum Vertrauen in Sie als Arbeitgeber:in oder Führungskraft bei. Warten Sie also nicht, bis sich langanhaltende Spannungen im großen Knall entladen.