Hintergrundwissen

Work-Life-Balance: Definition und Umsetzung

Alles im Gleichgewicht? 

Kaum ein Schlagwort steht mehr für eine sich verändernde Arbeitswelt als Work-Life-Balance. Was hat es damit genau auf sich? Wie profitieren Arbeitnehmer:innen und Unternehmen davon? Wie lässt sich eine gute Balance im Alltag erreichen? 

Das Konzept der Work-Life-Balance hat in den vergangenen Jahren einen Boom erfahren. Getragen von der jüngeren Generation, legen mittlerweile auch immer mehr und mehr ältere Arbeitnehmer:innen einen Fokus auf das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit. Angesichts der steigenden Bedeutung stellen sich allerdings einige Fragen. Und zwar: Was bedeutet Work-Life-Balance eigentlich? Wodurch kann die Work-Life-Balance ins Ungleichgewicht geraten? Wie können Unternehmen die Verhältnissen für ihre Mitarbeiter:innen verbessern und wie profitieren sie davon? 

Work-Life-Balance: Was ist das?   

Ganz einfach gefragt: Was heißt Work-Life-Balance? Der Kern des Konzepts steckt bereits im Namen. Bei der Work-Life-Balance geht es darum, das Arbeits- und das Privatleben möglichst in Einklang zu bringen. Die beiden Pole sollen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen und sich nicht negativ beeinflussen. Unterm Strich steht ein gesundes, erfülltes und produktives Leben. 

Die Idee des ausgewogenen Verhältnisses zwischen Arbeit und Privatleben ist eine weitverbreitete, allerdings werden immer wieder Gegenstimmen laut. Die klare Trennung zwischen den beiden Polen wäre falsch, vielmehr sei die Arbeit ein primärer Teil des Lebens und könne nicht völlig isoliert vom Privatleben betrachtet werden. 

Wodurch kann die Work-Life-Balance aus dem Gleichgewicht geraten? 

Die Work-Life-Balance ist grundsätzlich eine sehr persönliche Angelegenheit. Das heißt, dass sich die richtige Priorisierung für jeden Menschen anders anfühlt. Was eine gesunde Work-Life-Balance ist, lässt sich also nicht pauschal beantworten. Zu verschieden sind individuelle Belastungsgrenzen und Prioritäten. Allgemein gesprochen kann das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben durch folgende Punkte negativ beeinflusst werden: 

  • Schlechtes Zeitmanagement 
  • Inexistente oder zu wenig ins Detail gehende Planung (betrifft sowohl die Arbeit als auch die Freizeit) 
  • Unklar oder schwammig definierte Ziele 
  • Zu hohe Anforderungen an sich selbst (Perfektionismus) 
  • Chronischer Zeitdruck durch zu viele Termine/To-dos 
  • Unkonzentriertes Arbeiten (Ablenkung durch Smartphone, Kolleg:innen etc.) 

Wichtiger Hinweis für Arbeitgeber:innen: Gelingt es nicht, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu schaffen, existiert ein Ungleichgewicht, welches die Wechselwilligkeit der Mitarbeiter:innen steigen lässt. Wer gute Fachkräfte also lange an sein Unternehmen binden möchte, der muss für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben sorgen. 

Work-Life-Balance: Maßnahmen für Arbeitnehmer:innen 

Nimmt die Arbeitsbelastung kontinuierlich zu, gerät die Work-Life-Balance irgendwann aus dem Gleichgewicht. Arbeitnehmer:innen fühlen sich mehr und mehr überfordert. Es scheint keinen Ausweg zu geben, außer noch länger und noch härter zu arbeiten. 

Tatsächlich haben sie es aber bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand, ein aus den Fugen geratenes Verhältnis wieder in die Balance zurückzubringen. Und das ohne beruflichen Mehraufwand. Die folgenden Maßnahmen betreffen vor allem die Bereiche Selbstorganisation und Zeitmanagement. Einige Beispiele, die in der Praxis immer wieder gute Ergebnisse bringen: 

  • Erholungsphasen: Hohe Belastungen müssen durch geplante Erholungsphasen ausgeglichen werden. In welchem Ausmaß diese nötig sind, hängt von der Arbeitszeit und der Arbeitsintensität ab. 
  • To-do-Liste: Bringt Struktur in den Arbeitsalltag und ermöglicht eine klare Priorisierung – die wirklich schwierigen Aufgaben sollten dabei nach Möglichkeit immer als erstes angegangen werden. 
  • Leistungskurve: Jeder Mensch hat eine persönliche Leistungskurve. Diese beeinflusst, zu welcher Tageszeit die individuelle Produktivität am höchsten ist. Die Kurve lässt sich relativ eindeutig bestimmen und wer sie kennt, kann seinen Tagesablauf an ihr ausrichten. Das führt zu gesteigerter Produktivität, mehr Zufriedenheit und einer besseren Work-Life-Balance. 
  • Realismus: Bei der Tagesplanung ist es wichtig, sich realistische Ziele zu setzen, die sich auch wirklich im vorgegebenen Zeitrahmen erreichen lassen. 
  • Langfristige Ziele: Neben der erwähnten Tagesplanung braucht es eine vernünftige Langzeitplanung. Wer weiß, wo er hinwill, kann den Weg dorthin sinnvoll strukturieren und durch die Einteilung in Etappen den Druck etwas rausnehmen. Zwischenziele sorgen für Zufriedenheit und neue Motivation. 
  • Aktiver Lifestyle: Bewegung ist und bleibt der beste Ausgleich zu einem stressigen Büroalltag. Beim Sport können viele Menschen abschalten, den Kopf freibekommen und Stress abbauen. Zusätzlich erhöht sich durch regelmäßige Aktivitäten die Chance darauf, bis ins hohe Alter fit zu bleiben. Aber Vorsicht: Durch die sportliche Betätigung sollte man sich keinen weiteren Leistungsdruck aufbauen! 
  • Sozialkontakte: Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht den Kontakt mit anderen. Dieses Bedürfnis kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein, aber es existiert. Es ist deshalb wichtig, Zeit für Freunde und Bekannte einzuplanen. 
  • Delegieren: Man muss nicht alles selbst erledigen, sondern kann weniger bedeutende Aufgaben auch an Kolleg:innen abgeben. So lässt sich der Fokus auf die wirklich wichtigen Dinge legen. 
  • Kein Multitasking: Sich gleichzeitig verschiedenen Aufgaben zu widmen, erhöht den Stressfaktor. Lieber einen Schritt nach dem anderen setzen und einen Task nach dem anderen abarbeiten. 

Work-Life-Balance: Modelle für Arbeitgeber:innen 

Neben den arbeitnehmer:innenseitigen Ansätzen für eine gute Work-Life-Balance gibt es natürlich noch Initiativen für ein besseres Gleichgewicht, die von den Arbeitgeber:innen ausgehen. Einige beliebte und gern eingesetzte Work-Life-Balance Beispiele: 

  • Flexible Arbeitszeiten, Teilzeit 
  • Job Sharing 
  • Job Rotation/Job Enlargement (bringt Entlastung dank mehr Abwechslung) 
  • Elternzeit 
  • Kinderbetreuung 
  • Home-Office/Telearbeit 
  • Erholungsangebote 
  • Gesundheitsvorträge und -workshops 
  • Vorsorgeuntersuchungen 
  • Psychologische Beratungsangebote 
  • Seminare zu Themen wie Selbstorganisation, Zeitmanagement etc. 

Natürlich ist klar, dass die hier angeführten Punkte nicht für jedes Unternehmen in der Realität auch wirklich umsetzbar sind. Das müssen sie auch gar nicht sein. Jeder Betrieb ist einzigartig, jede Firma ein Unikat. Die jeweilige Ausgangslage bestimmt, welche Initiativen eine Chance auf Realisierung haben, und welche nicht. 

Work-Life-Balance und die Bedeutung für Unternehmen 

Im ersten Moment macht es den Anschein, als würden lediglich Arbeitnehmer:innen von einer ausgeglichenen Work-Life-Balance profitieren. Tatsächlich ist es aber so, dass auch Unternehmen einen Nutzen daraus ziehen können. Und der ist nicht gerade klein. Auch wenn die notwendigen Initiativen mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden sind, überwiegen am Ende die Vorteile. Und zwar aus folgenden Gründen: 

  • Ausgeglichene Mitarbeiter:innen sind produktiver, kreativer und schlicht leistungsfähiger. 
  • Eine gute Work-Life-Balance verbessert die Gesundheit der Mitarbeiter:innen, was wiederum zu weniger Krankenständen und zu markanten Einsparung in diesem Bereich führt. 
  • Die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz steigt, die Fluktuation nimmt ab. Arbeitgeber:innen ersparen sich die zeit- und kostenintensive Mitarbeiter:innensuche und das Onboarding. Ganz grundsätzlich verbessert sich die Mitarbeiter:innenbindung. 
  • Das Arbeitsklima wird dank einer guten Work-Life-Balance deutlich verbessert. 
  • Positiver Einfluss auf die Employer Brand eines Unternehmens. Sorgen Arbeitgeber:innen für ein angenehmes Klima, spricht sich das herum und (freie) Talente interessieren sich eher für eine offene Stelle. 

Unterm Strich steht eine enorme Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Wer auf eine gute Work-Life-Balance achtet, trägt zum nachhaltigen Erfolg seines Unternehmens bei. 

Hat die Work-Life-Balance auch Nachteile? 

Ein gut ausbalanciertes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben klingt zunächst einmal ausnahmslos positiv. Allerdings wartet rund um die Umsetzung der eine oder andere Stolperstein. Welche Nachteile eine zu verbissene Fokussierung auf die Work Life Balance haben kann, zeigen die folgenden Beispiele: 

  • Verschwimmende Grenzen: Flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice tragen dazu bei, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit stark verschwimmen. Wann ist man wirklich fertig? Soll man vor dem Schlafengehen doch noch schnell E-Mails beantworten? Wer nie richtig abschalten kann, leidet häufiger an Stress. 
  • Karriere: Offiziell werden es die wenigsten kommunizieren, allerdings wird die Fokussierung von Arbeitnehmer:innen auf eine ausgewogene Work-Life-Balance oft sehr wohl als mangelndes Engagement oder fehlende Leistungsbereitschaft interpretiert. Die Folge sind verminderte Aufstiegschancen. 
  • Sozialleben: Wer seinen Alltag strikt durchplant, um eine möglichst gute Work-Life-Balance zu erreichen, läuft Gefahr, sich sozial zu isolieren. Es bleibt nur noch sehr wenig Raum für spontane Treffen. 
  • Druck: Die Arbeit an einer ausgeglichenen Work-Life-Balance geht oftmals mit einer teils übertriebenen Erwartungshaltung einher. Man will sofort Resultate sehen und setzt sich selbst unter Druck, wenn diese sich nicht innerhalb kürzester Zeit einstellen. Aus Sorge davor, im Privat- und im Berufsleben zu wenig zu leisten, fokussiert man sich noch mehr auf seine Aufgaben. 

Bei der Arbeit an einer gesunden Work-Life-Balance ist also Vorsicht geboten. Wer zu blauäugig an die Sache herangeht oder die falschen Prioritäten setzt, riskiert eine Verschlechterung seiner Situation. 

Work-Life-Balance: Statistik

Die Work-Life-Balance ist kein neues Modell, zudem hat sie besonders im Zuge der Pandemie und den damit einhergehenden Verschiebungen wieder an Relevanz gewonnen. Entsprechend gut erforscht ist das Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit bereits, das gleiche gilt für die Einstellungen der Arbeitnehmer:innen zu der Thematik. Die Bandbreite an Befragungsergebnissen ist groß. Einige zentrale Ergebnisse von „4 day week“:

    • Rund 94 Prozent der Arbeitnehmer:innen sehen die Work-Life-Balance als essenziell an.

    • 85 Prozent der Unternehmen, die auf Work-Life-Balance-Initiativen setzen, berichten von gesteigerter Produktivität.

    • 61 Prozent der Arbeitnehmer:innen würden ein Jobangebot ablehnen, wen dieses ihre Work-Life-Balance negativ beeinflussen würde.

    • Mehr als die Hälfte aller Angestellten ziehen eine Verbesserung der Work Life Balance einer Gehaltserhöhung vor.

Work-Life-Balance: Fazit 

Was versteht man unter Work-Life-Balance? Im Grunde geht es darum, die Herausforderungen des Jobs und das Privatleben in Einklang zu bringen. Beides soll nicht unter dem anderen leiden, wobei der Fokus beim Konzept der Work-Life-Balance gefühlt auf der Seite der Freizeit liegt. Das ist jedoch etwas zu kurz gedacht, denn natürlich freuen sich Arbeitnehmer:innen über mehr Flexibilität und Freizeit. Allerdings profitieren auch Arbeitgeber:innen von einer Ausgewogenheit. Die Belegschaft ist motivierter und somit produktiver. Sie kann sich stärker mit dem Unternehmen identifizieren und denkt nicht so rasch an einen Wechsel. Außerdem sind Mitarbeiter:innen mit einer guten Work-Life-Balance nachweislich gesünder, was wiederum die Unternehmensfinanzen entlastet.