Häufig blickt der Mittelstand bei den Themen Recruiting und Employer Branding auf die DAX-Unternehmen und erwartet Großes von den Großen. Wie DAX-Arbeitgeber im Hinblick auf den Umgang mit kununu Bewertungen tatsächlich abschneiden, zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Employer Telling über Arbeitgeberkommunikation auf kununu.
Von Dr. Manfred Böcker und Sascha Theisen, Employer Telling
In unserer Employer Telling Studie „Club der Gleichen 5 – Edition Bewertungsmanagement“ haben wir auf der Grundlage von 3,4 Millionen kununu Bewertungen gezeigt: Schweigen ist die Standardstrategie im Umgang mit Bewertungen, besonders wenn diese kritisch ausfallen. Wie sehen die Verhältnisse bei den mittlerweile 40 DAX-Arbeitgebern in Deutschland aus? Diese gehören zu den größten und bekanntesten Unternehmen in Deutschland und beschäftigen rund vier Millionen Mitarbeitende.
Große Ressourcen, große Aufgaben
Die personelle und budgetäre Ausstattung für Arbeitgeberthemen ist im Vergleich zu anderen Unternehmen dort vergleichsweise gut. Ihr Umgang mit Aufgaben des Employer Branding und Recruiting hat häufig Vorbildcharakter für den Mittelstand. DAX-Unternehmen verfügen meist über große, differenzierte HR-Abteilungen und damit eigentlich über eine ganz andere Ausgangslage im Umgang mit kununu als der Mittelstand. Auf der anderen Seite sind auch die Aufgaben im Umgang mit Arbeitgeberbewertungen rein quantitativ gesehen gewaltig. Als wir unsere Studie erstellt haben, war die Deutsche Post zum Beispiel schon rund 16.000 Mal auf kununu bewertet, Allianz und Telekom hatten jeweils über 5.000 Bewertungen. Das ist eine „Menge Holz“ fürs Antwortmanagement.
Arbeitgeberkommunikation: Vergleich DAX mit Non-Dax Unternehmen
So schneiden die DAX-Unternehmen im Vergleich zu den anderen auf kununu bewerteten Unternehmen ab:
DAX-Unternehmen | Non-DAX-Unternehmen | |
Anzahl Bewertungen | 88.930 | 1,93 Mio. |
Antwortquote | 23,0 % | 28,1 % |
Vergleichsmaßstab waren hier wieder sämtliche Unternehmen, die mindestens 50 Bewertungen auf kununu aufweisen und nicht dem DAX angehören (siehe Teil 1 und 2 der Serie über die Studie). Der einfach Befund: Die Antwortquote der DAX-Unternehmen ist mit 23,0 Prozent deutlich schlechter als die der Non-Dax-Unternehmen (28,1 Prozent). Von den rund 89.000 Bewertungen, die die DAX-Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Entstehens der Studie eingesammelt hatten, blieben bis dahin 68.000 unbeantwortet. Pauschal taugen die DAX-Unternehmen also nicht als Vorbild im Hinblick auf den Umgang mit kununu.
Große Spanne in der Beantwortungspraxis
Doch schauen wir uns die Antwortquoten der verschiedenen DAX-Unternehmen einmal genauer an (siehe Grafik). Dort zeigt sich eine riesige Spanne zwischen 0 Prozent und 65,9 Prozent. Gleich vier Unternehmen erreichen eine mehr als 50 Prozent: Covestro, Deutsche Post, Fresenius und Henkel, was deutlich über dem Durchschnitt von 27,9 Prozent der häufiger bewerteten Unternehmen liegt (mit mindestens 50 Bewertungen). Das Beispiel Deutsche Post zeigt dabei eindringlich, dass sich hohe Bewertungszahlen bei entsprechender Priorisierung des Themas durchaus mit einem guten Antwortmanagement kombinieren lassen.
Auf der anderen Seite des Spektrums antworten vier DAX-Unternehmen grundsätzlich nicht: adidas, BMW, die Deutsche Bank und SAP. Hinzu kommen weitere Unternehmen, deren Antwortquote gegen Null tendiert: Bei Mercedes, Airbus und Porsche liegt sie unter zwei Prozent. Auch hier müssen wir von einem nicht existenten Antwortmanagement sprechen.
Die Top-5-DAX-Arbeitgeber | DAX-Arbeitgeber mit geringster Antwortquote | ||
Unternehmen | Antwortquote | Unternehmen | Antwortquote |
Covestro | 65,9 % | adidas | 0 % |
Deutsche Post & DHL | 63,6 % | Deutsche Bank | 0 % |
Fresenius | 58,2 % | BMW | 0 % |
Henkel | 52,0 % | SAP | 0 % |
Vonovia | 45,2 % | Mercedes Benz | 0,4 % |
Wirkung von Schweigen: Fehlende Kontinuität
Ein weiterer Aspekt ist das Phänomen der fehlenden Kontinuität. Vielen DAX-Unternehmen geht im Lauf der Zeit einfach die Luft aus und sie hören auf zu antworten. Bei einigen DAX-Unternehmen ist es schon fünf Jahre her, dass sie zum letzten Mal geantwortet haben. Im Hinblick auf DAX40-Unternehmen können kununu Nutzende davon ausgehen, dass solche Mängel im Antwortmanagement kein Ergebnis knapper Ressourcen sein dürften, sondern eine bewusste Entscheidung. Wie aber sollen es an einem Unternehmen interessierte Bewerbende interpretieren, wenn zum Beispiel auf öffentliche Vorwürfe von Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund, Mobbing oder Homophobie gar nicht reagiert wird? Nahe dran am Schweigen liegt die Praxis von Copy und Paste-Standardantworten auf ausführliche Textkommentare: „vielen Dank für dein Feedback. Es tut uns leid zu hören, dass du keine guten Erfahrungen mit X als Arbeitgeber gemacht hast. Feedback wie deins hilft uns, unsere Prozesse kontinuierlich zu verbessern.“ Auch hier liegt die Interpretation nahe, dass die entsprechenden Arbeitgeber das Feedback nicht ernst nehmen und es ihnen an Gesprächsbereitschaft fehlt.
Fazit: Licht und Schatten
Die DAX-Unternehmen sind sicher kein Role-Model im Umgang mit kritischen Kommentaren auf kununu. Hier gibt es aber neben viel Schatten auch Licht. So schreibt die Deutsche Post in Antwort auf eine kritische Bewertung eines Mitarbeitenden: „Wir sind bestürzt über deine Erfahrungen bei uns. Deine Schilderung entspricht absolut nicht unseren Werten und dem Umgang, den wir pflegen möchten.“ Der Arbeitgeber reagiert damit erstens einfühlsam auf die Vorwürfe. Zweitens zweifelt er die Wahrnehmung des Bewertenden nicht pauschal an, indem er auf das Unternehmensleitbild verweist. Drittens signalisiert er zugleich, dass die wahrgenommenen Umstände nicht dem entsprechen, was das Unternehmen im Hinblick auf die Arbeitskultur erreichen möchte. Das klingt fast schon wie aus dem Lehrbuch und macht einfach einen guten Eindruck. Für DAX-Unternehmen wie für andere gilt: Wer Vertrauen schaffen will, darf sich Bewertungen nicht entziehen – Schweigen ist keine Option. Durch ein gutes Antwortmanagement können große wie kleine Unternehmen positiv auffallen. Der Dialog lässt Arbeitgebermarken leuchten.
Der Artikel ist Teil einer dreiteiligen Serie über die Studie. Bisher erschienen:
- The Sound of Silence: Schweigen kann laut sein
- Unterm Leuchtturm ist es dunkel: Antwortverhalten nach Branchen
Über die Autoren
Sascha Theisen (oben) und Dr. Manfred Böcker (unten) sind Gründer und Inhaber von Employer Telling, der Unternehmensberatung für Arbeitgeberattraktivität (www.employer-telling.de). Employer Telling bietet seit 2017 Workshops, Seminare und Beratung zum Umgang mit kununu. Mehrmals im Jahr veranstaltet Employer Telling ein unternehmensübergreifendes, digitales Seminar zum Thema. Infos und Anmeldung unter www.kununu-power-seminar.de.

