Die traditionellen Richtlinien des HR-Managements haben sich weiterentwickelt. Mit dem People and Culture-Ansatz stehen die Mitarbeitenden und ihr Wohlbefinden nun stärker im Mittelpunkt der Personalabteilungen.
Die Zukunft der Personalführung liegt eindeutig nicht im klassischen Human Ressources Management. Der Shift in Richtung „People and Culture“ ist in vollem Gange – und zwar in jeder Branche. Warum das so ist, was hinter dem Begriff steckt, wo die Unterschiede zum altbekannten Human Ressources Management liegen und wie die Personalabteilung der neuen Generation aufgebaut sein kann, zeigt dieser Artikel.
Human Resources Management: Im Wandel der Zeit?
Um es direkt auf den Punkt zu bringen: Das klassische Human Resources Management entwickelt sich weiter. Die Zeiten, in denen ausschließlich zahlen-, daten- und faktenbasierte Ansätze im Mittelpunkt standen, sind vorbei. Doch was bedeutet das genau? Ganz einfach: Der Fokus verschiebt sich, um den veränderten Erwartungen und Ansprüchen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.
Um diese Entwicklung besser zu verstehen, lohnt sich zunächst ein Blick auf die bisherigen Schwerpunkte des klassischen Human Resources Managements. Traditionell lassen sich die Hauptaufgaben in zwei Bereiche gliedern: Personalverwaltung und Personalführung. Je nach Unternehmensgröße gibt es hier in der Praxis oft weitere Spezialisierungen. Ein kurzer Überblick über diese Kernbereiche:
Personalverwaltung
Darunter fallen alle administrativen Aufgaben, die es routinemäßig von der Einstellung bis zum Austritt von Mitarbeiter:innen abzuarbeiten gibt. Dazu zählen Dinge wie:
- Anlegen, Führen und Verwalten von Personalakten
- Durchführen interner und externer Maßnahmen zur Personalbeschaffung (Annoncen, Recruiting-Events, Active Sourcing)
- Erfassen von Personalzu- und Abgängen
- Erstellen von Arbeitsverträgen, Urlaubs- oder Weiterbildungsanträgen
- Betreuen von Lohn- und Gehaltszahlungen
- Erfassen von Arbeitszeiten und Krankenständen
- Kommunizieren mit Behörden, Ämtern, Krankenkassen, Versicherungen, Abrechnungsstellen und anderen Vertragsparteien
Im Bereich der Personalverwaltung geht es also hauptsächlich um administrative Tätigkeiten, die für eine möglichst effiziente Gestaltung unternehmensinterner Abläufe nötig sind. Eine gute Verwaltung sorgt dafür, dass ein Rädchen ins andere greift.
Personalführung
Im HRM-Teilbereich der Personalführung steht die gelungene Einbindung der Belegschaft in die Unternehmensabläufe im Zentrum. Ziel ist es, Mitarbeiter:innen derart nachhaltig zu motivieren, dass diese ihre bestmögliche Arbeitsleistung einbringen. Zur Personalführung zählen unter anderem die konkrete Personalauswahl und -koordination sowie die Vereinbarung und die Kontrolle gemeinsamer Goals. Die vier Unterkategorien:
- Personalplanung (lang- und kurzfristig)
- Personalkommunikation (intern und extern)
- Zusammenarbeit mit Betriebs- und Personalrat (Vermittlerrolle zwischen Geschäftsführung und Räten)
- Personalentwicklung (Aus- und Weiterbildungen)
Bei der Personalführung geht es also mehr um die konkrete Zusammenarbeit mit der Belegschaft und weniger um die administrativen Abläufe im Hintergrund.
Die Aufgabe von HR-Manager:innen war es über viele Jahrzehnte hinweg, umfangreiches Zahlen-, Daten- und Faktenmaterial über Mitarbeiter:innen zusammenzutragen, zu analysieren und die Ergebnisse für die Geschäftsführung aufzubereiten. Doch heute verändert sich das klassische Human Resources Management zunehmend. Der moderne Ansatz lautet „People and Culture“. Aber was steckt eigentlich hinter People and Culture? Worin unterscheidet sich dieser Ansatz von traditionellen Methoden, und was macht ihn so spannend für die Zukunft?
People and Culture: Bedeutung
Ein kurzer Blick zurück auf das vorangegangene Kapitel zeigt, dass die klassischen Aufgaben des Human Resources Managements oft technischer Natur waren. Angesichts der wörtlichen Bedeutung von „Human Resources Management“ ist das wenig überraschend. Begriffe wie „Steuerung von Humanressourcen“ klingen eher nüchtern und strukturiert. Heute jedoch entwickelt sich HR weiter und nimmt neue Perspektiven ein, die die Bedeutung des zwischenmenschlichen Aspekts im Arbeitsumfeld betonen. Der „People and Culture“-Ansatz greift diese Entwicklung auf und bietet eine umfassendere Herangehensweise im Management von Mitarbeiter:innen . Hier steht die Etablierung einer positiven Arbeitskultur im Mittelpunkt. Im Fokus liegen die berufliche und die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden gleichermaßen. Werte wie Vielfalt und Integration spielen dabei eine zentrale Rolle und prägen moderne Personalentscheidungen.
Die Herangehensweise streicht die Bedeutung der Mitarbeiter:innen für die Unternehmenskultur hervor. Dabei geht es unter anderem um folgende Fragen:
- Wie behandeln Unternehmen und Organisationen ihre Belegschaft?
- Wie hoch ist die unternehmerseitige Bereitschaft, ein positives Arbeitsumfeld zu erschaffen, in dem sich alle wohlfühlen können?
- Wie stark ist die Fähigkeit ausgeprägt, eine positive und offene Arbeitsumgebung zu fördern?
Darum ist People and Culture so wichtig
Das Ziel eines jeden Unternehmens besteht darin, nachhaltig Gewinn zu erzielen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine kontinuierlich starke Leistung der gesamten Belegschaft erforderlich. Es hat jedoch lange gedauert, bis sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Unternehmenskultur und Arbeitsumfeld den Unternehmenserfolg unmittelbar beeinflussen. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden spielt dabei eine zentrale Rolle, da zufriedene Mitarbeitende produktiver arbeiten. Die wesentlichen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Fühlen sich Menschen an ihrem Arbeitsplatz wohl, sind sie viel eher bereit, sich (mehr) zu engagieren und die berühmte „Extrameile“ zu gehen.
- Sind Unternehmen für ihre positive Arbeitskultur bekannt, fällt es ihnen viel leichter, die besten Talente anzulocken.
- Motivierte Mitarbeiter:innen haben eine deutlich stärker ausgeprägte Bindung zum Unternehmen. Dadurch bleiben die Fluktuation und die Kosten für die Personalbeschaffung auf einem niedrigen Niveau.
- Ein vielfältiger und integrativer Arbeitsplatz, an dem auf die Befindlichkeiten der Belegschaft Rücksicht genommen wird, fördert Kreativität und Innovation. Dadurch verbessert sich die Problemlösung und die Entscheidungsfindung wird einfacher.
Was macht ein:e People and Culture Manager:in?
Wir haben uns intensiv mit den Entwicklungen vom klassischen Human Resources Management hin zum modernen „People and Culture“-Ansatz auseinandergesetzt. Nun ist es an der Zeit, einen genaueren Blick auf die tatsächlichen Aufgabenbereiche dieser neuen Generation von HR-Expert:innen zu werfen. Was genau verbirgt sich hinter der Rolle eines „People and Culture Managers“? Und welche spezifischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten prägen ihren Arbeitsalltag in Unternehmen?
- Zu den zentralsten Aufgaben von People and Culture Manager:innen zählt die Etablierung einer Unternehmenskultur, in der dem Wohlbefinden der Belegschaft viel Platz eingeräumt wird.
- Die zuständige Person kümmert sich ebenso um die Förderung eines positiven Arbeitsumfeldes, wie um die Entwicklung ansprechender Mitarbeiter:innenprogramme und -initiativen. Das zentrale Ziel ist, dass sich die Belegschaft im Unternehmen wohlfühlt und sich gerne dort engagiert.
- Um das zu erreichen, arbeiten People and Culture Manager:innen eng mit dem allgemeinen Managementteam zusammen. So wird sichergestellt, dass Personal- und Geschäftsstrategie eines Unternehmens übereinstimmen und die Mitarbeiter:innen regelmäßig in die Entscheidungsfindungsprozesse einbezogen werden.
- Die Bemühungen von People and Culture Manager:innen sollen nicht nur für eine entspannte und gleichzeitig motivierende Stimmung rund um den Arbeitsplatz sorgen. Ihre Aufgabe ist es außerdem, das Unternehmen als attraktive Option für Top-Talente und Arbeitssuchende auf dem Markt zu platzieren und so den Recruiting-Ablauf effektiver zu gestalten.
Im Vergleich zum klassischen Human Resources Management zeigt sich der People and Culture-Ansatz als zeitgemäße Erweiterung. Während effektives Recruiting und reibungslose Abläufe nach wie vor wichtig sind, greift der People and Culture-Ansatz deutlich weiter: Er umfasst zusätzlich die Förderung einer positiven Unternehmenskultur und die persönliche wie berufliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden.
People and Culture: Welchen Ausbildungsweg einschlagen?
Die Veränderung des HR-Bereichs spiegelt sich nicht nur in neuen Berufsbezeichnungen bzw. neuen und umfassenderen Ansätzen der Mitarbeiter:innenführung wider. Auch der Weg zum Job verändert sich. Die eine klassische People and Culture Ausbildung gibt es zwar nicht, allerdings wächst das Angebot an passenden Lehrgängen aktuell stark. Mittlerweile existieren auch entsprechende Hochschulstudien. Wer sich für das dynamische Berufsfeld interessiert, findet mit also mit Sicherheit die passende People and Culture Ausbildung für sich.
Der Stellenwert von People and Culture
Wie bereits erwähnt, ist der Wandel im HRM-Bereich in vollem Gange. Zwar gibt es immer noch eine nicht gerade kleine Zahl an Firmen, die auf die alten Human-Ressources-Techniken setzen, der neue People-and-Culture-Ansatz findet aber mehr und mehr Anhänger. Das hat vielerlei Gründe.
- Der demografische Wandel schlägt voll auf den Arbeitsmarkt durch. Mittlerweile erreichen jährlich mehr Arbeitnehmer:innen das Rentenalter, als Nachwuchstalente ins arbeitsfähige Alter kommen. Aus dem Arbeitgeber:innenmarkt ist ein Arbeitnehmer:innenmarkt geworden.
- Qualifizierte Fachkräfte sind deshalb in der komfortablen Lage, sich zwischen mehreren Angeboten und Unternehmen entscheiden zu können – sofern sie überhaupt auf Jobsuche sind.
- Standen bei älteren Generationen noch Sicherheit und ein gutes Gehalt ganz oben auf der Prioritätenliste, sind heute Aspekte wie Selbstverwirklichung oder eine positive Work-Life-Balance viel wichtiger.
Die Arbeitswelt befindet sich also im Umbruch. Für Unternehmen wird es somit immer schwieriger, gute Fachkräfte für ihre Teams zu finden, die sich auch einen längeren Verbleib vorstellen können. Dazu kommen nachhaltige Veränderungen, die durch die Corona-Pandemie angestoßen wurden. Kurz gesagt: Man arbeitet heute anders als noch vor fünf Jahren. Homeoffice ist hierbei nur ein Beispiel.
Diese Erkenntnis kommt langsam, aber sicher auch in den Führungsetagen deutscher Unternehmen an. Die logische Folge ist ein Wandel in der HR-Kultur. Weg von der administrativen und nüchternen, zahlenbasierten Herangehensweise. Der People and Culture Ansatz stellt vielmehr Arbeitnehmer:innen und ihre Zufriedenheit in den Mittelpunkt. Die Unternehmenskultur ist es, die heute ausschlaggebend dafür ist, ob Talente ein Jobangebot annehmen oder ablehnen.
Dazu hat die Weiterentwicklung der Mitarbeiter:innen einen hohen Stellenwert. Was kann ich tun, um den vorhandenen Kolleg:innen auf ihrem Weg nach oben zu helfen und sie besser zu machen? Von einer qualifizierteren Belegschaft profitiert am Ende des Tages ja auch das Unternehmen.
Die Umwandlung der alten HR-Abteilungen in Work-and-Culture-Ressorts ist in vollem Gange, die neue Bezeichnung etabliert sich langsam. Viel wichtiger ist aber, den neuen Worten auch Taten folgen zu lassen und am Aufbau einer entsprechenden Unternehmenskultur zu arbeiten.
HR-Abteilung der Zukunft: Die Struktur
HR-Abteilungen sind grundsätzlich in größeren Unternehmen zu finden, da diese breiter aufgestellt sind und über eine entsprechende interne Diversifizierung verfügen. Um ein Verständnis dafür aufzubauen, wie der People-and-Culture-Ansatz die HR-Abteilungen umgestalten wird, braucht es zunächst einen Überblick über den jahrzehntelangen Status quo. Die typische HR-Abteilung eines größeren Unternehmens besteht aus folgenden Teilbereichen:
- Personalreferent:in
- Personablberatung
- Personalentwicklung
- Recruitment
- Personalmarketing
- Employer-Branding
- HR-Business-Partner:in
Eine derart umfangreiche HR-Abteilung findet sich lediglich in entsprechend großen Unternehmen. KMUs können sich das hingegen nicht leisten. Hier müssen Generalist:innen mehrere Aufgaben des Personalwesens auf einmal übernehmen.
Die Gliederung People-and-Culture-Abteilung
Mit der Position der HR-Business-Parter:innen ist der Anknüpfungspunkt an den People-and-Culture-Approach gesetzt. Die Bezeichnung geht auf den US-amerikanischen Wirtschaftsprofessor und Autor Dave Ulrich zurück. Er prägte den Ausdruck bereits 1997, tatsächlich entsprach das von ihm entwickelte Modell aber damals schon eher den People-and-Culture-Werten als den klassischen HR-Standpunkten.
Kurz zusammengefasst: Die Business-Partner:innen kümmern sich um eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung und Personalverantwortlichen. Durch ihre Einbindung in strategisch-personalwirtschaftliche Entscheidungen sind sie mehr als reine interne Dienstleister:innen, sondern wichtige Partner:innen des Top-Managements.
Das Herzstück von Ulrichs Modell bildet eine Skala, auf der sich Aufgaben gleichzeitig zwischen einem strategischen und einem operativen Fokus sowie ihrer Ausrichtung auf Prozesse oder Menschen einteilen bzw. platzieren lassen.
Nimmt man dieses Modell als Basis für die Gestaltung einer People-and-Culture-Abteilung, sollten in dieser zumindest die folgenden vier Personalverantwortlichen zu finden sein:
Strategic Partner
- Liefert Inputs für die Unternehmensstrategie
- Passt das Personalmanagement an die aktuellen Organisationsziele an
- Tauscht sich mit der Unternehmensführung aus
- Beobachtet Entwicklungen in der Branche und auf dem Arbeitsmarkt
Change Agent
- Fokussiert auf die Erneuerung der Organisation mit dem Ziel einer besseren Unterstützung der Belegschaft
- Arbeitet mit aktuellen Mitarbeiter:innen zusammen und unterstütz diese beim Management des Wandels in der Unternehmenskultur
Administrative Expert
- Zuständig für die effiziente Durchführung der notwendigen Verwaltungs- und Dokumentationsprozesse innerhalb der Personalabteilung
Employee Champion
- Primäre Ansprechperson für Mitarbeiter:innen
- Nimmt Wünsche und Bedürfnisse der Belegschaft auf und kommuniziert diese der Führungsetage
Unterm Strich ein Modell, welches seiner Zeit weit voraus war und die Entwicklungen, die wir heute als Switch von HRM zu People and Culture sehen, vorweggenommen hat.
Vom HR-Management zu People and Culture: Resümee
Dass sich in der Welt des Human Ressources Management gerade große Umwälzungen abspielen, steht außer Frage. Befeuert vom demografischen Wandel befindet sich die Arbeitswelt im grundlegenden Wandel. Der daten- und ergebniszentrierte HR-Ansatz macht nach und nach dem ganzheitlicheren People and Culture-Approach Platz. Dabei reicht es selbstverständlich nicht, nur Bezeichnungen und Namen zu ändern. Die Neukonzipierung muss Hand in Hand mit einem echten Kulturwechsel gehen. Nur so haben Unternehmen die Chance, Top-Talente von sich zu überzeugen und lange an sich zu binden. Wertschätzung, Weiterentwicklung und Partizipation – all das steht im Zentrum eines zukunftsfitten People-and Culture-Ansatzes.