„Inside Employer Branding” mit Marcus Merheim

Kleines Budget, großer Impact: Erfolgreiches Employer Branding für Unternehmen mit begrenzten finanziellen Mitteln

Gastbeitrag von Marcus Merheim

In der Artikelserie Inside Employer Branding" wirft Marcus Merheim einen Blick hinter die glänzende Oberfläche des Unternehmensimages und zeigt auf, wie Sie Ihre Arbeitgebermarke entwickeln können, um passende Talente anzuziehen und langfristig zu binden.

Es gibt gute Wege, um trotz k(l)einem Budget erfolgreich Employer Branding zu betreiben und Talente zu gewinnen. Alles, was Sie dazu wissen müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag, inklusive fünf Tipps zum Thema.

Employer Branding-Budget: Die Situation in Deutschland

Eine im Jahr 2020 von hooman Employer Marketing durchgeführte Studie, die sich auf mittelständische Unternehmen fokussiert, zeigt, dass 38 Prozent der mittelständischen Unternehmen ihr Employer Branding-Budget für „ausreichend“ oder „mehr als ausreichend“ halten.1 Konkret stehen bei 35 Prozent der befragten Unternehmen zwischen 5.000 Euro und 14.999 Euro zur Verfügung. Weitere 11 Prozent verfügen über weniger als 5.000 Euro.

Jedoch sind bei Unternehmen allgemein erhebliche Unterschiede festzustellen. Das zeigt das Benchmark des Queb Bundesverband für Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting e. V. Betrachtet man die durchschnittlichen Budgets für Deutschland, verfügten im Jahr 2022 laut Queb Benchmark 38 Prozent der Unternehmen über bis zu 100.000 Euro Budget. Gleichzeitig stand 10,6 Prozent der Unternehmen im selben Zeitraum überhaupt kein Budget für Employer Branding zur Verfügung.

Was also tun, wenn einfach wenig oder so gut wie kein Budget für Employer Branding da ist? Wir zeigen im Folgenden fünf Tipps, wie Sie trotzdem erfolgreich sein können.

Man kann nicht nicht Employer Branding machen

Paul Watzlawicks Aussage „Man kann nicht nicht kommunizieren“ ist auch im Employer Branding gegenwärtig. Stephan Rademacher hat das 2013 auf den Punkt gebracht, als er schrieb: „Employer Branding ist […] keine Aktionsoption, für die man sich entscheiden kann oder auch nicht. Employer Branding findet statt, ob man es will oder nicht, und unabhängig davon, ob man sich dessen bewusst ist. Es ist ein Gestaltungsprozess, bei dem man entscheiden kann, ob er aus der Hand genommen wird und durch andere stattfindet, oder ob man ihn selbst steuert.“2 Dem ist – auch unabhängig von der Höhe des vorhandenen Budgets – nichts hinzuzufügen.

Aus eigener Kraft anfangen

Umso bedeutsamer ist es, dass Arbeitgeber:innen mit kleinem Budget aus eigener Kraft heraus starten. In aller Regel sind Grundlagen wie Strukturen, Prozesse, Mitarbeitende vorhanden. Sogar über eine (wie auch immer geartete) Karriereseite verfügen die meisten Unternehmen. Das ist schon eine Menge, wenn man bedenkt, was sich daraus alles gestalten lässt. Die Karriereseite können Sie mithilfe Ihrer Mitarbeitenden als Testimonials oder mit Geschichten aus dem Arbeitsalltag aufpeppen.

Gleichzeitig ist das der Content für die ersten, fast kostenlosen Posts auf Social Media. Ihre Mitarbeitenden sind die Botschafter:innen Ihrer Arbeitgebermarke. Authentischer geht es nicht. Und genau das ist es, was im Sinne der Authentizität zählt!

Das ist jedoch längst nicht das Ende der Fahnenstange. Weitere Möglichkeiten, die Sie in Betracht ziehen sollten, sind der Einsatz von Arbeitgeberbewertungsportalen wie kununu, Mitarbeiter:innen-Befragungen, Literatur wie Whitepaper und Praxisleitfäden oder auch kostenlose Online-Seminare zur Weiterbildung im Bereich Employer Branding.

Teamwork makes the dream work

Apropos Mitarbeitende: Es ist grundsätzlich empfehlenswert, ganz transparent alle Stakeholder mit ins Boot zu holen. Eine offene und transparente Kommunikation ist an dieser Stelle ein wahrer ein Booster für die Unternehmenskultur. Und diese ist die Grundvoraussetzung für eine authentische Arbeitgeberkommunikation nach außen. Sie sollten intern damit beginnen, Gespräche zu führen und auf diese Weise Personen identifizieren, die die Arbeitgebermarke als Multiplikator:innen und Botschafter:innen innerhalb wie außerhalb des Unternehmens gerne transportieren möchten. An dieser Stelle ist es wichtig, über den Tellerrand hinauszuschauen. HR kann beispielsweise viel vom Marketing lernen. Und Markenbotschafter:innen finden sich bestenfalls natürlich ohnehin in allen Teilen des Unternehmens.

Um voneinander zu lernen, lohnt sich die Einrichtung regelmäßiger gemeinsamer Austauschformate. Es kann sich zudem auch lohnen, externe Unterstützung in Form von Beratung, Coaching, oder auch ganz konkret, für die Produktion von Content ins Boot zu holen. Diese Kosten können, je nach verfügbarem Budget, sehr gut geplant und angepasst werden.

Gezielt Candidate Personas bauen und einsetzen

Damit die Kommunikation nicht an den gesuchten Zielgruppen vorbeiläuft, ist die Entwicklung von Candidate Personas eine bewährte Methode. Das sind fiktive, aber detaillierte Darstellungen idealer Bewerber:innen für eine bestimmte Stelle. Die Personas basieren auf Marktforschung, Interviews mit bestehenden Mitarbeitenden und anderen relevanten Informationen. Sie enthalten demografische Daten, benötigte Fähigkeiten, Erfahrungen, Motivationen und andere Eigenschaften. Für die Erstellung einer zielgerichteten Persona, dienen unter anderem folgende Punkte:

  • Name und Foto: Wie könnte eine typische Person aus der Zielgruppe aussehen? Wie heißt sie/er?
  • Hintergrundinformationen: Alter, Familienstand, Interessen, Beruf, Wohnort und andere Dinge, die den Werdegang der Person deutlich machen.
  • Persönlichkeitsmerkmale: Wie ist der Mensch, welchen Charakter hat er? Ist sie schüchtern, zurückhaltend oder extrovertiert und kreativ? Eher aktiv oder passiv?
  • Bevorzugte Kanäle: Was ist der bevorzugte Kommunikationskanal der Person? Wie informiert sie sich über Arbeitgeber:innen? Welche Kanäle nutzt sie eher selten?
  • Bedürfnisse: Welche Wünsche und Ziele hat die Persona, was treibt sie an?
  • Hinzugewinn: Was zaubert ein Lächeln auf das Gesicht der Persona. Was begeistert sie?
  • und vieles mehr

Nichts kostet mehr Geld (und Nerven) als unbesetzte Stellen

Es sollte längst klar sein, dass der vorherrschende Arbeitskräftemangel kein vorübergehendes Problem ist. Ebenso wenig der Mythos, dass einzelne Unternehmen oder Branchen davon verschont bleiben würden – denn dies geht schon rein rechnerisch nicht auf. Rechnen sollten Unternehmen aber gerade an dieser Stelle genau. Denn kaum etwas ist für Arbeitgeber:innen kostenintensiver als unbesetzte Stellen.

Laut der Bundesagentur für Arbeit blieben Stellen für Fachkräfte in Deutschland zwischen Oktober 2022 und September 2023 bis zu 167 Tage lang unbesetzt. Mehr als ein halbes Jahr lang wird auf diesem Posten nicht nur nicht gearbeitet. Vielmehr kommt eine ganze Menge weiterer Kosten hinzu, wie etwa entgangene Umsätze aufgrund der unbesetzten Stelle. Weiterhin für Stellenausschreibungen bei klassischen Portalen und möglicherweise Werbeschaltungen in sozialen Netzwerken. Je nach Position und Bedarf außerdem Kosten für Personaldienstleister oder Executive Search. Schließlich das Einstellungsverfahren und als i-Tüpfelchen das Onboarding und die Einarbeitungszeit inklusive Mitarbeiterressourcen von Kolleg:innen, die das übernehmen müssen.

Erst kürzlich berichtete das Handelsblatt, dass Arbeitgeber:innen – je nach Anforderung – mit Kosten von bis zu 130.000 Euro rechnen müssen. Für nur eine unbesetzte Stelle – wohlgemerkt. Dass selten nur eine Stelle unbesetzt ist? Geschenkt!

Die Maßnahme, die Ihr Budget am meisten schont und Sie vor dieser unschönen Situation bewahrt, ist die Arbeit an der Steigerung Ihrer Mitarbeiterbindung. Viele der dafür nötigen Maßnahmen sind „umsonst“.

Einige wurden oben bereits erwähnt, in der folgenden Liste ist weitere Inspiration zu finden:

  • Offene und transparente Kommunikation
  • Attraktive Vergütung und Zusatzleistungen
  • Betriebsklima und eine positive Unternehmenskultur
  • Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung
  • Entwicklungsmöglichkeiten Fort- und Weiterbildungen
  • Wertschätzung und Anerkennung
  • Mitarbeiterbeteiligung
  • Mentoring und Coaching

Um Maßnahmen sinnvoll zu priorisieren, sind regelmäßige Feedbackgespräche sowie Mitarbeiterbefragungen die Mittel der Wahl.

Fazit

Auch mit kleinem Budget ist erfolgreiches Employer Branding möglich. Unternehmen sollten aus eigener Kraft starten, Mitarbeitende als Botschafter:innen nutzen und transparent mit allen Stakeholder:innen kommunizieren. Die Entwicklung von Candidate Personas ermöglicht die zielgerichtete Kommunikation. Die Steigerung der Mitarbeiterbindung ist kosteneffektiv und sollte Priorität haben. Feedback und Mitarbeiterbefragungen helfen dabei, Maßnahmen zu priorisieren.

1 An der 2020 von hooman Employer Branding durchgeführten, repräsentativen Studie „Employer Branding im deutschen Mittelstand – eine Studie zum Stellenwert und Erfolgsfaktoren der Arbeitgebermarkenbildung in der mittelständischen Wirtschaft“ nahmen 630 mittelständische Unternehmen aus ganz Deutschland mit bis zu 500 Mitarbeiter:innen teil.

2 Radermacher, S. (2013). Die Herausforderungen des Employer Brandings. In: Künzel, H. (eds) Erfolgsfaktor Employer Branding. Erfolgsfaktor Serie. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg.


Marcus Merheim, Gründer von hooman EMPLOYER MARKETING, Host des ZEIT Talent Podcasts,
Vorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft.

Marcus Merheim ist seit mehr als elf Jahren in der HR-Welt unterwegs und setzt sich dabei mit den unterschiedlichsten Personalthemen auseinander. Inhaltlich liegt sein Fokus auf Employer Branding, Recruiting und Retention sowie New Work und Digitalisierung. Als Gründer von hooman EMPLOYER MARKETING agiert er mit seinem Team an der Schnittstelle von HR und Marketing. Neben seiner Funktion als Host des ZEIT Talent Podcasts ist Marcus Merheim Vorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft.

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