„Inside Employer Branding” mit Marcus Merheim

Wie Arbeitgeber:innen die junge Zielgruppe erreichen

Gastbeitrag von Marcus Merheim

In der Artikelserie Inside Employer Branding" wirft Marcus Merheim einen Blick hinter die glänzende Oberfläche des Unternehmensimages und zeigt auf, wie Sie Ihre Arbeitgebermarke entwickeln können, um passende Talente anzuziehen und langfristig zu binden.

Es ist wohl eine der häufigsten Fragen, die Arbeitgeber:innen in Ihrer Employer Branding-Strategie heutzutage beschäftigt: „Wie und auf welchem Weg erreichen wir Zielgruppen junger Arbeitnehmer:innen?“ Wir werfen im vorliegenden Beitrag einen Blick darauf, wie diese Herausforderung gemeistert werden kann.

Zunächst ein wichtiger Einschub: Nur Arbeitgeber:innen, die genau wissen, welche Stellenprofile sie besetzen müssen, können erfolgreich sein. Bäcker suchen keine Landschaftsgärtner und ebenso wenig umgekehrt. Das klingt banal, ist aber oft entscheidend.

Zielgruppengerechte Kommunikation

Ebenso entscheidend ist es, dort zu kommunizieren, wo die gesuchten Zielgruppen sich gerne und viel aufhalten. So verbringen laut einer Appinio-Umfrage mehr als 53 Prozent der 14- bis 29-Jährigen zwischen drei und sechs Stunden pro Tag an ihrem Smartphone.

Video- und Bewegtbildinhalte nehmen dabei seit Jahren einen wachsenden Anteil ein.
Die verwendeten Apps haben sich ebenfalls verändert. In Bezug auf Social Media liegt Facebook laut ARD / ZDF Online Studie 2022 immer noch auf Platz eins. Jedoch zeigen Quellen, wie Appinio (s. Abbildungen unten) ganz klar die neuen „Sterne am Himmel der Nachwuchskräfte“.

Employer Branding-Trends im Blick

Dem Trend hin zu mehr Video-Content folgend, liegen Plattformen wie TikTok und
YouTube vorne. Instagram und Snapchat machen ebenfalls einen erheblichen Teil der Nutzung aus. BeReal, die französische Social-Media-Foto-Sharing-App, existiert erst seit 2020. Ihre Entwicklung bleibt abzuwarten. Etliche weitere Social Apps stehen in den Startlöchern: Blue Sky, Mastodon, Artifact, lemon8, Spill etc. müssen erst beweisen, ob sie das Zeug für einen ähnlich kometenhaften Aufstieg haben, wie es einst bei Instagram oder TikTok der Fall gewesen ist. Und nebenbei bemerkt: Das Beispiel Clubhouse zeigt, wie schnell solche Sterne verglühen können.

Arbeitgeber:innen sollten diese Entwicklungen beachten, um geeignete Inhalte anbieten zu können, die junge Leute ansprechen.

Snackable Content

Da die Aufmerksamkeitsspanne in den jüngeren Generationen zuletzt eher sank, kann Snackable Content Abhilfe leisten. Statt langwieriger, schwer verdaulicher Botschaften sollten Unternehmen eher auf kleine Häppchen setzen. Insbesondere Bewerber:innen, die noch keinen Kontakt zur Arbeitgebermarke hatten, können auf diese Weise leichter erreicht werden. Entscheidend ist darüber hinaus, was das Unternehmen als Arbeitgeber:in zu bieten hat. Wie nannte es Jakob Lundt bei Baywatch Berlin sinngemäß: „TikTok ist das Zappen der jungen Generation“. Ergo: Content muss sofort funktionieren, sonst wird er „weggeswiped“.

Eindeutige Positionierung

Die Abgrenzung vom Wettbewerb gelingt, wenn Sie deutlich machen, warum Menschen unbedingt in Ihrem Unternehmen arbeiten sollen. Was macht Ihr Unternehmen zu einem:einer einzigartigen Arbeitgeber:in? Ihre EVP (Employer Value Proposition) ist der Dreh- und Angelpunkt für alle Kommunikationsmaßnahmen. Weiterhin sollten Arbeitgeber:innen die Veränderungen rund um den Arbeitsmarkt, die demografische Verschiebung sowie den Wandel etwa durch gegenwärtige Krisen nicht ignorieren.

Purpose vs. Gehalt: Ist es wirklich eine andere Generation?

Auch wenn derzeit oft darüber diskutiert wird: So unterschiedlich, wie es oft heißt, sind Generation Z und Boomer nicht. Es mag zwar sein, dass die Gen Z einige Besonderheiten aufweist. Aber welche Generation tut das nicht? Es gibt mittlerweile zahlreiche Studien, die zeigen, dass das Narrativ der unterschiedlichen Ausprägungen von Generationen nicht korrekt ist. Empfehlenswert ist hier unter anderem „Der Generationenmythos“ von Martin Schröder (2018). Verhalten und Einstellungen hängen demnach eher von aktuellen Gegebenheiten oder dem Milieu ab (gesellschaftliche Herausforderungen, Krisen, Arbeitsmarkt etc.) als vom Geburtsjahr. Den meisten Menschen sind Gehalt und Sicherheit im Job stets wichtig. Und obwohl das Fahrrad inzwischen zwar dem Firmenwagen Konkurrenz macht: Die Wünsche nach Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Flexibilität, Familienfreundlichkeit oder kurzen Wegen zum Arbeitsort bleiben nach wie vor bestehen.

Besonderheiten bei jungen Zielgruppen

Nicht viele Arbeitgeber:innen führen Studien mit ihren eigenen Nachwuchskräften durch. Die Deutsche Telekom hat dies mit ihrer Nachwuchskräfte-Studie „Be a future maker“ getan. Die 4 810 befragten Telekom-Nachwuchskräfte, die mehrheitlich zwischen 2000 bis 2004 geboren sind, wählen Gesundheit auf Platz eins ihrer Wertvorstellungen. Auf den Plätzen zwei bis fünf liegen Gehalt, Familie, fester Arbeitsvertrag und Freunde.

Schaut man dabei genauer auf die Gründe, die zur Entscheidung pro Telekom als Arbeitgeber:in führt, wird es spannend: 67 Prozent der Befragten gaben an, es sei ihnen eher wichtig bis sehr wichtig gewesen, dass die Telekom soziale Verantwortung übernimmt. Weitere 58 Prozent geben an, dass gelebte Diversität als Entscheidungsfaktor eher wichtig bis sehr wichtig war. Dass die Telekom besonders auf Nachhaltigkeit achtet, war für weitere 58 Prozent der Befragten eher wichtig bis sehr wichtig. Zumindest eine Sache wird durch diese Zahlen verdeutlicht: Purpose spielt für junge Zielgruppen eine wichtige Rolle – arbeiten muss eben auch sinnerfüllt sein.

kununu & Co.: Authentizität & Transparenz als Schlüssel zur Erreichung junger Zielgruppen

Dass junge Menschen Authentizität und Transparenz als wichtig erachten, ist bereits länger klar. Entsprechend sollten Unternehmen ihre Werte, kulturellen Eigenschaften und Erwartungen offen und ehrlich kommunizieren. Aus diesem Grund sind Arbeitgeberbewertungsportale wie kununu eine Bereicherung. Denn diese unterstützen Arbeitgeber:innen mit verschiedenen Funktionen dabei, junge Zielgruppen anzusprechen.

Unternehmen präsentieren sich dadurch als attraktive Arbeitgeber:innen. Bewertungen von Fans und Kritiker:innen können ebenfalls direkt kommentiert werden. Auf diese Weise entstehen direkte Dialoge mit der Zielgruppe, was sehr wertvoll ist. Eine Erhebung des Digitalverbands Bitkom förderte 2018 Spannendes zutage. Jeder Zweite (52 Prozent) in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen hatte demnach schon einmal Online-Arbeitgeberbewertungen gelesen. Dieselbe Erhebung ergab, dass die Bewertungen große Auswirkungen auf die Entscheidung für ein Unternehmen hatten.

Einfacher und schneller Bewerbungsprozess

Schlussendlich wird in Bezug auf alle Zielgruppen ein zeitgemäßer Bewerbungsprozess immer wichtiger. Mindestens die folgenden drei Faktoren sollten Arbeitgeber:innen prüfen und optimieren:

  • Komplizierte Online-Bewerbungsverfahren mit Registrierungspflicht, unendlichen Formularfeldern und langwierigen Uploads sind nicht mehr zeitgemäß. Bewerber:innen sind genervt von den Verfahren und brechen den Prozess im Zweifel ab. Das können sich Unternehmen 2023 nicht mehr leisten. Vielleicht funktioniert Ihr Bewerbungsverfahren in Zukunft auch als One-Click-Variante auf dem Smartphone mittels Stellenanzeigen-Integration auf kununu Jobs oder in Verbindung mit Social Media-Profilen? Oder mit PitchYou via WhatsApp? Es existieren bereits gute Lösungen für solche Ansätze auf dem Markt. Nur die Umstellung müssen Arbeitgeber:innen selbst wollen.
  • Geschwindigkeit von Rückmeldungen: Lange Wartezeiten sind ebenso ein absolutes No-Go im Bewerbungsprozess. Wochenlanges Warten auf Feedback, Hinhalte-Taktik und rüde Formulierungen bei Absagen ergeben garantiert keine guten Bewertungen auf kununu. Nehmen Sie sich stattdessen lieber ein Beispiel an den führenden E-Commerce Shops. Was Recruiting vom E-Commerce lernen kann, erklärt Robin Sudermann eindrücklich bei Human Resources Manager.
  • Anschreiben: Zunehmend ist Bewerber:innen das klassische Anschreiben zu umständlich. Und selbst Unternehmen verzichten immer häufiger darauf, weil die Aussagekraft streitbar ist. Letztlich hilft es niemandem, wenn Kandidat:innen in blumigen Worten das beschreiben, was Arbeitgeber:innen vermeintlich hören wollen. Es ist eine unnötige Hürde, die keinen Mehrwert bietet. Zumal auch diese Barriere immer häufiger Ursache für den Verlust wertvoller Bewerbungseingänge ist. Stattdessen können Arbeitgeber:innen es mit Job-Matchern, anderen eignungsdiagnostischen Tools oder Video-Bewerbungsverfahren versuchen. Das stößt meist auf viel Gegenliebe bei den Zielgruppen.

Fazit

Junge Zielgruppen erreichen? Das funktioniert nicht vollkommen anders als es bisher der Fall gewesen ist. Wenn jedoch Arbeitgeber:innen wissen, wen sie suchen, prüfen sie wo diese Menschen sich tummeln. Und hier kam es in den vergangenen Jahren zu deutlichen Verschiebungen. Die Tatsache, dass die Zahl der möglichen „Interaktions-Orte“ stetig zunimmt, verursacht fraglos einen erhöhten Aufwand für Arbeitgeber:innen. Offene und ehrliche Kommunikation der eigenen Alleinstellungsmerkmale war und ist hingegen schon immer von Vorteil.


Marcus Merheim, Gründer von hooman EMPLOYER MARKETING, Host des ZEIT Talent Podcasts,
Vorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft.

Marcus Merheim ist seit mehr als elf Jahren in der HR-Welt unterwegs und setzt sich dabei mit den unterschiedlichsten Personalthemen auseinander. Inhaltlich liegt sein Fokus auf Employer Branding, Recruiting und Retention sowie New Work und Digitalisierung. Als Gründer von hooman EMPLOYER MARKETING agiert er mit seinem Team an der Schnittstelle von HR und Marketing. Neben seiner Funktion als Host des ZEIT Talent Podcasts ist Marcus Merheim Vorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft.

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