Seit dem 1. August 2022 gilt das überarbeitete Nachweisgesetz. Auf deutsche Arbeitgeber:innen kommen dann viele weitere Pflichten bei Neueinstellungen zu. Bei Verstößen drohen Unternehmen hohe Bußgelder.
Aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen muss der deutsche Gesetzgeber auch das sogenannte Nachweisgesetz (NachwG) ändern. Dieses regelt, welchen Dokumentations- und Informationspflichten der Arbeitgeber:innen nachkommen müssen. Da die Umsetzungsfrist für die Regeln am 31. Juli 2022 abläuft, gilt das neue Nachweisgesetz seit dem 1. August.
Arbeitgeber:innen müssen sich damit auf Mehrarbeit einstellen. Im Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie wird zwar angenommen, dass nur zehn Prozent der Unternehmen ihre Vorlagen entsprechend den Änderungen des Nachweisgesetzes anpassen müssen und hierfür ein Zeitaufwand von 21 Minuten geschätzt wird. Allerdings erscheint die Prognose reichlich optimistisch, gibt Dr. Kai Bodenstedt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner, zu bedenken.
Allein der neuen Anforderung, Regelungen aus dem Kündigungsschutzgesetz in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, dürften weitaus mehr als nur zehn Prozent aller Unternehmen nachkommen müssen. Für einen größeren bürokratischen Aufwand sorgt zudem die Regelung zur Form. Die Vertragsbedingungen dürfen nämlich nur als Niederschrift auf Papier festgehalten werden. Eine digitale Fassung reicht hingegen nicht mehr aus.
Warum ist das Nachweisgesetz für Arbeitnehmer:innen so wichtig?
Das Nachweisegesetz verpflichtet Arbeitgeber:innen von Gesetztes wegen dazu, die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich niederzulegen, zu unterzeichnen und die Niederschrift innerhalb einer vorgegeben Frist dem:der Arbeitnehmer:in auszuhändigen. Dadurch erhalten Arbeitnehmer:innen mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit im Arbeitsverhältnis.
Was regelt das neue Nachweisgesetz?
Das Nachweisgesetz setzt sich aus sechs Paragrafen zusammen:
§ 1 Anwendungsbereich: Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen für alle Arbeitnehmer:innen und Praktikant:innen
§ 2 Nachweispflicht: Arbeitgeber:innen müssen die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederlegen, die Niederschrift unterzeichnen und dem:der Arbeitnehmer:in aushändigen. In die Niederschrift sind ab dem 1. August 2022 mindestens aufzunehmen (Änderungen des neuen Nachweisgesetzes wurden fett markiert):
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung
- Bei Befristung: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses
- Arbeitsort oder, falls der:die Arbeitnehmer:in nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der:die Arbeitnehmer:in an verschiedenen Orten beschäftigt wird oder den Arbeitsort frei wählen kann
- Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
- Dauer der Probezeit, sofern vereinbart
- Zusammensetzung und Höhe des Entgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
- Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und -zeiten sowie, bei vereinbartem Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzung für Schichtänderungen
- Bei Arbeit auf Abruf: Vereinbarung, dass der:die Arbeitnehmer:in die Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, der Zeitrahmen, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
- Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen, sofern vereinbart
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Etwaiger Anspruch auf von Arbeitgeber:innen bereitgestellte Fortbildung
- Identität des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung, sofern eine solche gewährt wird
- Bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
- Hinweis zu den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber:innen festlegen
§ 3 Änderung der Angaben: Beschäftigte müssen über Änderungen im Arbeitsvertrag spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich informiert werden.
§ 4 Bußgeldvorschriften: Ordnungswidrig handelt, wer die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt. Ein Verstoß kann mit bis zu 2000 Euro geahndet werden.
§ 5 Übergangsvorschrift: Wenn Arbeitnehmer:innen vor Inkrafttreten des NachwG im Arbeitsverhältnis waren, so können sie die Ausstellung der Niederschrift verlangen.
§ 6 Unabdingbarkeit: Abweichungen von den Vorschriften des Nachweisgesetzes sind unzulässig.
Informationspflicht bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung
Ebenfalls neu im Nachweisgesetz ist die Verpflichtung, dass Arbeitgeber:innen bereits am ersten Arbeitstag einen Teil der Informationen (Name und Anschrift der Vertragsparteien, Arbeitsentgelt, Überstunden und Arbeitszeit) schriftlich an den:die Arbeitnehmer:in aushändigen müssen.
Weitere Einzelheiten zu den Arbeitsbedingungen (insbes. Beginn des Arbeitsverhältnisses, ggf. Befristung, Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung und Überstunden) müssen innerhalb von sieben Tagen nachgereicht werden. Für die übrigen Informationen haben Arbeitgeber:innen einen Monat Zeit.
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