Studien

Warum kündigen Mitarbeiter:innen?

Wechselbereitschaft erkennen und rechtzeitig gegensteuern

Seit Ausbruch der Pandemie spielen immer mehr Berufstätige mit dem Gedanken, den Job zu wechseln. Doch warum kündigen Mitarbeiter:innen gerade in Krisenzeiten? Welche Beweggründe es für die derzeitige Job-Flucht gibt, wie Arbeitgeber die Wechselbereitschaft frühzeitig erkennen und so den Exodus verhindern können, lesen Sie hier.

„The Great Resignation“ – so wird die derzeitige Kündigungswelle bezeichnet, die den US-Arbeitsmarkt mit voller Wucht trifft. Geprägt wurde der Ausdruck von Anthony Klotz, Management-Dozent an der Texas A&M University, der im Interview mit Bloomberg im Mai 2021 vor einem landesweiten Job-Exodus warnte. Wenige Wochen später bestätigte das Bureau of Labor Statistics, dass allein im vorangegangenen April eine Rekordzahl von vier Millionen US-Amerikaner:innen ihren Arbeitsplatz verlassen hatten. Bis Ende des Jahres stieg die Zahl der Kündigungen in 2021 auf 45 Millionen an.

Nach Ansicht von Klotz besteht ein Zusammenhang zwischen der Kündigungswelle und dem radikalen Wandel der Arbeitswelt durch Corona. Demnach führte die Krise zu psychosomatischen Beschwerden bei Beschäftigten und der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten und einer besseren Work-Life-Balance festigte sich. „The Great Resignation“ ist indes längst kein reines US-Phänomen mehr und treibt auch Arbeitgeber:innen im deutschsprachigen Raum die Sorgenfalten auf die Stirn. Denn hierzulande könnte es bald zu ähnlichen Entwicklungen kommen. Darauf deutet zumindest eine aktuelle Studie hin.

Vier von zehn Erwerbstätigen erwägen Jobwechsel

Rund 37 Prozent der Berufstätigen in der DACH-Region sind im Jahr 2022 offen für einen neuen Job. Damit ist die Wechselbereitschaft vier Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag von XING E-Recruiting mit 2 523 Arbeitnehmer:innen aus Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt hat. Gewillt, den Bürotisch zu räumen und weiterzuziehen, ist insbesondere die Altersgruppe zwischen 30 und 39 Jahren: Fast  jede:r Zweite (48 Prozent) zieht in Erwägung, abzuwandern.

Wie bei der Kündigungswelle in der USA spielt Corona auch hierzulande eine entscheidende Rolle, warum Mitarbeiter:innen kündigen. Demnach bejahen 31 Prozent der weiblichen und 22 Prozent der männlichen Stellenwechsler:innen die Frage, ob die Pandemie einen Einfluss auf die Kündigung hatte. Bemerkenswert: Unter ihnen kündigte jede vierte Person, ohne eine neue Position in Aussicht zu haben. Signifikant angestiegen ist der Anteil von Frauen unter den 1 004 Befragten in Deutschland, die sich eine neue Tätigkeit vorstellen können. Während im vergangenen Jahr noch 32 Prozent Interesse an einem Jobwechsel bekundeten, sind es im Jahr 2022 bereits 38 Prozent.

Auch bei der Ursache für die Abwanderungswünsche gibt es erkennbare Parallelen zu den Entwicklungen auf dem US-Arbeitsmarkt.

5 Gründe, warum Mitarbeiter:innen kündigen:

  • Führungsverhalten (28 Prozent)
  • Bessere Work-Life-Balance (27 Prozent)
  • Attraktiveres Tätigkeitsfeld (24 Prozent)
  • Finanzielle Anreize (19 Prozent)
  • Attraktivere Position (15 Prozent)

Mit dem Ausbruch der Pandemie haben sich auch die Anforderungen an den Arbeitgeber geändert. Zwar sind Hygienefaktoren wie Gehalt und Karriereperspektiven nach wie vor wichtig, weiche Faktoren wie eine gesunde Unternehmenskultur gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung. Für 59 Prozent ist ein gutes Führungsverhalten ausschlaggebend für die Arbeitgeber-Attraktivität, dicht gefolgt von flexiblen Arbeitszeiten (57 Prozent), einem höheren Gehalt (54 Prozent), persönlicher Sinnerfüllung (52 Prozent) sowie der Möglichkeit, aus dem Homeoffice zu arbeiten.

Innere Kündigung: 5 Warnzeichen, auf die Sie achten sollten

Noch vor der Kündigungswelle die Zeichen der Zeit zu erkennen, gibt Ihnen die Möglichkeit, etwaige Probleme zu identifizieren, Optimierungsmaßnahmen zu ergreifen und kündigungswillige Mitarbeiter:innen zu binden. Diese Warnsignale deuten darauf hin, dass der Absprung kurz bevorsteht.

Produktivität lässt nach
Früher Feuer und Flamme, heute nur noch Dienst nach Vorschrift? Wenn für gewöhnlich engagierte Mitarbeitende in Meetings plötzlich keine neuen Ideen einbringen, Abgabefristen nicht mehr einhalten und sich bei jeder Diskussion apathisch verhalten, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass sie mental schon mit dem aktuellen Arbeitgeber abgeschlossen haben. 

Zwischenzeugnis anfordern
Für Arbeitnehmer:innen ist die Beantragung eines Zwischenzeugnisses sinnvoll, wenn eine grundlegende Veränderung des Arbeitsverhältnisses bevorsteht. Interne Umstrukturierungen, ein Karrieresprung, der Wechsel des:der Vorgesetzten, aber auch die Bewerbung bei einem anderen Unternehmen kann ein Grund sein, um sich die bisherigen Leistungen dokumentieren zu lassen.

Mangelnde Kommunikation
Dass Angestellte ruhig und zurückhaltend sind, bedeutet nicht zwangsläufig, dass ihnen die Arbeit gleichgültig ist. Introvertierte Menschen können ihre Arbeit vorbildlich erledigen, ohne allen davon zu erzählen. Ist jedoch eine ansonsten kommunikative Person plötzlich schweigsam, verschlossen und teilnahmslos, sollten für den Arbeitgeber alle Alarmglocken läuten.

Tageweise Fehlzeiten
Vorab: Ein spontan genommener Kurzurlaub oder ein krankheitsbedingter Ausfall alleine sind kein Grund, eine bevorstehende Kündigung zu vermuten. Sollte sich der:die Mitarbeiter:in jedoch jüngst immer wieder nur für einen Tag freinehmen oder krankmelden, könnten die Wechselpläne schon sehr konkret sein. Denn: Häufig werden einzelne Fehltagen für Bewerbungsgespräche genutzt.

Zögerlich bei langfristigen Projekten
Ausscheidende Mitarbeiter:innen lehnen es möglicherweise ab, an langfristigen Projekten zu arbeiten, oder versuchen, die Dauer von Projekten zu verkürzen, um ihre Arbeit vor ihrem Abschied vollständig abzuschließen. In diesem Zusammenhang kann es vorkommen, dass sie laufende Projekte zunehmend delegieren, um die Arbeitslast zu verteilen.

Anzeichen erkannt – und nun?

Die aufgeführten Verhaltensweisen sind zwar keine Belege, aber Indikatoren dafür, dass Beschäftigte das Schiff schon bald verlassen könnten. Stellen Sie mehrere Anzeichen bei einem:einer Mitarbeiter:in fest, sollten Sie keine Zeit verlieren und das persönliche Gespräch suchen. Wichtig dabei ist, die betroffene Person nicht mit Fehlzeiten oder der sinkenden Produktivität zu konfrontieren – dann dafür kann es immer berechtigte Gründe geben. Vielmehr sollte dem:der Mitarbeiter:in im Feedbackgespräch die Gelegenheit gegeben werden, die aktuelle Jobsituation zu schildern. Nehmen Sie Bedarfe und Bedürfnisse ernst und versuchen Sie, eine gemeinsame Lösung zu finden. Vielleicht ist es gerade diese Form der Wertschätzung, die dem:der Mitarbeitenden in der Vergangenheit gefehlt hat und zur Kündigung motiviert.

Verwandte Beiträge

Studien

Verkürzte Arbeitswoche für Mehrheit noch ein Wunschtraum 

Die Mehrheit der Deutschen findet die 4-Tage-Woche attraktiv, doch nur wenige erwarten eine baldige Umsetzung, so aktuelle Studie. Wir beleuchten die Chancen und Herausforderungen des Arbeitszeitmodells für Arbeitgeber:innen.

Studien

Gehälter im Nebel: Auskunftsanspruch bei Löhnen weitgehend unbekannt  

Eine kürzlich durchgeführte kununu Umfrage ergab, dass nur wenige Angestellte darüber informiert sind, dass sie das Recht haben, Informationen über die Gehaltsstruktur in ihrem Unternehmen zu erhalten.

Studien

Wie wettbewerbsfähig ist Ihre Bezahlung? 

Wie schneiden Arbeitgeber:innen mit der Vergütung innerhalb ihrer Branchen, Städte und Bundesländer ab? Der neue kununu Gehaltscheck 2024 liefert einen differenzierten Überblick über die deutsche Gehaltslandschaft.

Studien

In diesen Branchen & Städten ist das Arbeitsklima im Sinkflug 

Inflation, Fachkräftemangel und Rezession: Die Stimmung bei Deutschlands Arbeitnehmer:innen verschlechtert sich. Das zeigen die Ergebnisse des kununu Zufriedenheits-Atlas 2023.